Astronomie für Dummies

Exotische Gasgiganten und schwarze Löcher im Foyer: Ein Besuch beim Schöneberger Planetarium am Insulaner

Der Mond ist nach Ansicht der Astronomen aus demselben Holz geschnitzt wie wir

Wenn die Hasen auf dem Insulaner abends in ihren Hasenhöhlen hoppeln, um sich eine Mütze Schlaf zu gönnen, ist das für den Hobbyastronomen noch kein Grund, in hektische Betriebsamkeit zu verfallen. Was Meister Lampe für die große Finsternis halten mag, ist nur die vom Fachmann abschätzig als bürgerliche Dämmerung bezeichnete Vorstufe. Erst wenn die Sonne weit hinter dem Horizont verschwunden ist, lohnt sich der Blick ins Firmament wirklich. Da es durch die Lichter der Großstadt allerdings nie so richtig schwarz vor Augen wird, sind die Westberliner Sternenfreunde nach dem letzten Krieg auf den 72 Meter hohen Trümmerberg im Süden Schönebergs gezogen.

In der schummrigen Umgebung von Brachflächen und Kleingärten lohnt sich das Sterngucken dann doch einigermaßen. Mit Hilfe der schweren Refraktoren und Spiegelteleskope unter den Beobachtungskuppeln, die seit der Gründung des „astronomischen Volksbildungszentrums“ über den Dächern der Schöneberger Datschen installiert worden sind, kann auch der Laie nach dem Ersteigen des Hügels einen tiefen Blick in den Himmel über Berlin tun.

Zumeist lehnen sich die abendlichen Gäste der Wilhelm-Foerster-Sternwarte jedoch erst einmal in die zurückklappbaren Lehnen des Planetariums am Fuße des Insulaners. In der cinemaxähnlichen Halbkugel kann mit Hilfe eines speziellen Projektors der perfekte Sternenhimmel simuliert werden. Auch der Mond und die Planeten schwirren im Zeitraffer über die Köpfe der Zuschauer hinweg, außerdem die eine oder andere Sternschnuppe. Informationen über aktuelle astronomische Highlights ergänzen die Sternguckerei.

Zu Beginn des Jahres waren Jupiter und Saturn unter dem Titel „Exotische Gasgiganten“ die Stars im Planetariumsprogramm – die beiden Planeten befanden sich gerade in besonderer Erdnähe. Im April und im Mai geht es um zwei Himmelskörper, die eigentlich immer Konjunktur haben: nämlich einmal die Sonne, um die sich im Sonnensystem alles dreht, und unseren Heimatplaneten selbst.

Sich mit der Erde zu beschäftigen, liegt voll im Trend: 2002 ist zum „Jahr der Geowissenschaften“ ausgerufen worden. Ein guter Anlass, ein wenig in die Geschichte des alten Globus zurückzublicken. Zusammen mit den übrigen Planeten ist die Erde vor ca. 4,5 Milliarden Jahren aus Gaswirbeln entstanden, die sich aufgrund der Schwerkraft langsam zu den kugeligen Körpern formten, als die sie heute noch ihre Bahnen ziehen.

Und der Mond? Der ist nach Ansicht der Astronomen aus demselben Holz geschnitzt wie wir: durch den Einschlag eines großen Kometen wurden aus der Früh-Erde riesige Gesteinsbrocken ins All geschleudert und formten sich zum heutigen Erdtrabanten. Seitdem wirkt Frau Luna beruhigend auf die Entwicklung des blauen Planeten. Der Mond stabilisiert nicht nur die Erdachse, sondern verstärkt auch das irdische Magnetfeld, das uns vor schädlicher Strahlung aus dem All schützt. Allerdings bremst er die Erddrehung nach und nach ab – so dass der Lauf der Welt eines Tages zum Stillstand kommen wird.

Bis dahin können sich Ungeduldige mit den im Planetariums-Shop am Insulaner erhältlichen Utensilien die Zeit astronomisch sinnvoll vertreiben. Neben drehbaren Sternkarten, Planetensystemen zum Selberbasteln und Ohrringen aus Meteoriteneisen findet man dort auch das absolut unverzichtbare Einsteigerbuch Astronomie für Dummies.

Beliebteste Attraktion ist allerdings das Schwarze Loch im Foyer: ein riesiger dunkler Kunststofftrichter, in den Geld geworfen werden kann. Die Münzen rollen in abschüssiger Bahn immer schneller in den Schlund des Mahlstroms und verschwinden zum Schluss mit einem leichten Klack im Untergrund. Die Kinder freut’s, und die Erwachsenen schmunzeln: Solche Finanzlöcher kommen dem Berliner doch irgendwie bekannt vor.

ANSGAR WARNER