Arafat hat Ausgang

Israel hebt Belagerung des Palästinenserpräsidenten auf. Bei Auslandsreisen jedoch garantiert Scharon Arafat nicht die Rückkehr. Kofi Annan kündigt Auflösung der Dschenin-Kommission an

JERUSALEM taz ■ Nach über einem Monat der Belagerung hat die israelische Armee gestern ihre Truppen aus Ramallah abgezogen und am Stadtrand postiert. Palästinenserpräsident Jassir Arafat konnte zum ersten Mal seinen stark beschädigten Amtssitz verlassen.

„Ich habe die Panzer und die furchtbaren Kriegsverbrechen gesehen“, meinte er vor einer ihn jubelnd in Empfang nehmenden Menge. „Unsere gesamte Infrastruktur wurde zerstört.“ Auf die Frage, wie er sich fühle, zeigte Arafat auf eine Gruppe von Kindern und sagte: „Das ist es, was ich fühle … eines dieser Kinder wird die Flagge über einem palästinensischen Staat schwenken.“ Das Ende der Belagerung wurde möglich, nachdem sechs von Israel gesuchte Palästinenser in das Gefängnis von Jericho verlegt wurden, wo sie von britischem und amerikanischem Sicherheitspersonal bewacht werden.

In Bethlehem brach nach Gefechten ein Feuer in der Geburtskirche aus. Arafat zeigte sich ungläubig über die Tatsache, dass sich „die Welt taub stellt, während die israelische Armee die Geburtskirche in Brand steckt“. Israel werde derzeit von „der Gruppe regiert“, die den früheren Ministerpräsidenten „Jitzhak Rabin ermordete“. Arafat wird vorläufig nicht wie geplant nach Kairo reisen. Ministerpräsident Ariel Scharon hatte in einem Gespräch mit dem Fernsehsender ABC erklärt, dass er „eine Rückkehr Arafats, sollte er ins Ausland reisen, nicht garantieren kann“.

Der Kompromiss in Ramallah, der von US-Präsident George W. Bush initiiert wurde, stößt bei palästinensischen Widerstandsgruppen, allen voran der PFLP, auf großen Widerstand. Fünf der fortan in Jericho inhaftierten Männer gehören der Partei an. Die PFLP lehnte eine Übergabe der Verurteilten in fremde Hände strikt ab.

In New York tagte am Mittwoch der UN-Sicherheitsrat und beriet über die von Generalsekretär Kofi Annan empfohlene Auflösung der Dschenin-Kommission. Der Rat konnte sich zunächst nicht auf eine gemeinsame Position verständigen. Es wurde aber mit einer Zustimmung zu Annans Vorschlag gerechnet. Die Sitzung sollte gestern fortgesetzt werden. S.K.

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