Dem Un-Sinn eine Chance!

Als Projektentwickler haben Architekten in den vergangenen Jahren mit einigen Projekten Furore gemacht. Innovativer Wohnungsbau ist angesichts des zunehmenden Leerstands die einzige Chance für die ächzende Bauwirtschaft

In den letzten Jahren haben einige Projekte Furore gemacht, bei denen Architekten individuell konzipierte Wohnungen nicht nur auf dem Papier entwarfen, sondern auch als Projektentwickler realisierten.

Ein prominentes Berliner Beispiel ist das so genannte „Estradenhaus“ in der Choriner Straße. Hier dominiert der Loftcharakter. Das heißt: In einem großen, auf einem Blick erfassbaren Raum mit seitlicher Funktionsschiene (Küche, Bad) kann der Bewohner freizügig die Bereiche für Schlafen, Essen, Wohnen plazieren. Der Architekt Wolfram Popp war mit der Vermarktung des auf eigene Rechnung begonnenen Baus so erfolgreich, dass er inzwischen auf dem Nachbargrundstück ein weiteres Haus realisieren konnte.

Über einen wesentlich längeren Zeitraum und – ganz im Sinne klassischer Partizipation – mit den zu einer Genossenschaft zusammengeschlossenen Bewohnern plante das Büro BKK-3 die Wiener Projekte „Sargfabrik“ und „Miss Sargfabrik“, benannt nach dem dort früher ansässigen Gewerbe.

Das Ergebnis kann sehen lassen: Nicht nur Wohnungen mit außergewöhnlichen Zuschnitten, auch der hohe Standard und damit die hohe Frequenz in Gemeinschaftseinrichtungen wie dem Badehaus, einem Kindergarten und sogar einem Raum für Teleworking zeugen von der Bereicherung, die eine direkte Kommunikation zwischen den Architekten und den zukünftigen Bewohnern schafft.

Dass darüber hinaus ein gut Teil des Geldes, das üblicherweise ein Projektentwickler für Marketing und als Gewinn abschöpft, in diesem Fall für hochwertige Materialien und Bauausführungen aufgewendet wird, ist ein Mehrwert, der alle hier genannten Projekte kennzeichnet.

In Zukunft ist vor allem die Bereitschaft der Banken gefragt, sich auf die Prüfung und die Bewertung von innovativem Wohnungsbau einzulassen. Angesichts des zunehmenden Wohnungsleerstands ist das ohnehin die einzige Chance für die ächzende Bauwirtschaft. Doch die offensichtlich nur im großen Maßstäben risikobereiten Bankgesellschaften – erinnert sei an die „Peanuts“-Schneider-Pleite – zeigen sich bislang überfordert mit solchen Bauherrenmodellen, über die Franz Sumnitsch von BKK-3 resümierte: „Nur wenn man dem Un-Sinn eine Chance gibt, ist ernsthafte Arbeit möglich.“ MIKAS