Genesen für die Familie

Mutter-Kind-Kur: Eltern kann geholfen werden. Wenn nichts mehr geht, ist es Zeit für eine Kur, um den Kreislauf aus ständiger Verfügbarkeit und daraus resultierender Erschöpfung zu durchbrechen

Kindergeschrei, wachsende Wäscheberge und ein ewig nörgelnder Chef, dazu Probleme in der Partnerschaft, Erziehungsschwierigkeiten oder pflegebedürftige Angehörige – das kann krank machen. „Ständige Überlastung führt zu psychosomatischen und somatischen Gesundheitsstörungen“, weiß man beim Müttergenesungswerk.

Unausgeschlafen, lustlos und unzufrieden sind viele Mütter schon vorher. Spätestens jetzt sollten sie die Notbremse ziehen. Einfach nur in den Urlaub zu fahren – womöglich mit der ganzen Familie – hilft oftmals nicht, denn dann ist der Urlaub nur eine Fortsetzung des Alltags unter erschwerten Bedingungen. Zur Behandlung chronischer Erschöpfung oder häufig wiederkehrender Infekte reichen ambulante Maßnahmen oft nicht aus. Um den Kreislauf aus ständiger Verfügbarkeit und daraus resultierender Erschöpfung zu durchbrechen, sind stationäre Maßnahmen zur Rehabilitation oder zur Vorbeugung hilfreich.

Müttergenesungskuren sowie Mutter- oder Vater-Kind-Kuren dauern in der Regel drei Wochen. Wer Kinder erzieht, kann sie alle vier Jahre in Anspruch nehmen. Ein ärztliches Attest muss die medizinische Notwendigkeit der Kurmaßnahme bestätigen. Beantragt wird die Kur bei der zuständigen Krankenkasse, wobei es sinnvoll ist, persönlich Kontakt aufzunehmen. Antragsformulare und kompetente Beratung erhält man auch beim Müttergenesungswerk, im Internet oder bei den Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände (siehe Kasten).

Hat das Unternehmen den Antrag, der zunächst vom Medizinischen Dienst der Kassen geprüft wird, bewilligt, setzt man sich mit der gewählten Einrichtung in Verbindung. Die meisten Versicherer arbeiten mit eigenen Vertragskliniken zusammen. Innerhalb dieses Angebotes besteht jedoch – immer unter Berücksichtigung der jeweiligen Indikation – eine Wahlmöglichkeit. In Absprache mit dem Arbeitgeber wird ein Termin vereinbart. Für die Zeit der Kur werden keine Urlaubstage angerechnet.

Mütter können entweder allein oder zusammen mit den Kindern zur Kur fahren. Bleiben die Kinder zu Hause, bezahlen einige Krankenkasse für diese Zeit eine Haushaltshilfe, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So dürfen die Kinder nicht älter als zwölf Jahre alt sein und kein anderes Familienmitglied in der Lage, sich um die Fortführung des Haushaltes zu kümmern.

Sind auch die Kinder krank, zu klein für die lange Trennung von der Mutter oder gibt es keine anderen Betreuungsmöglichkeit, ist eine Mutter-Kind-Kur sinnvoll. Seit einigen Jahren gibt es auch Angebote für Vater-Kind-Kuren. „Krankheit resultiert auch aus den Lebensbedingungen“, weiß die Geschäftsführerin des Müttergenesungswerkes, Anne Schilling. So werden bei den Kuren nicht nur konkrete medizinische Maßnahmen – etwa physiotherapeutische Anwendungen – durchgeführt. Ziel ist vielmehr, die Zusammenhänge zwischen Lebensweise und Krankheit zu erkennen und neue Formen des Umgangs miteinander auch für den unweigerlich auf die Kur folgenden Alltag zu erlernen.

Die Langzeiterfolge solcher Kuren sind wissenschaftlich untersucht. Bei vielen Patientinnen ginge der Medikamentenkonsum spürbar zurück, die Krankheitstage würden weniger, die Lebenszufriedenheit steige und es gebe eine deutlich bessere Interaktion zwischen Mutter und Kind, weiß Anne Schilling. Sie empfiehlt jeder Frau, „die glaubt, dass sie eine Kur braucht, sich erst mal an eine Beratungsstelle der Wohlfahrtsverbände zu wenden“. Die Beraterinnen klären zusammen mit den Frauen deren Bedürfnisse und können bereits im Vorfeld darüber informieren, ob und welche Kur sinnvoll ist. Hier ist man auch behilflich beim Prozedere – von der Beschaffung und dem Ausfüllen der Antragsformulare über die Auswahl der richtigen Einrichtung bis hin zur Nachsorge, die den Erfolg einer Kur sichert. Und „wenn es gelingt, die Erwartungshaltung der Frauen so zu kanalisieren, dass sie der Realität entspricht“, so Schilling, erziele man auch bessere Kurerfolge. Denn eines sei so eine Kur ganz bestimmt nicht: Urlaub auf Krankenschein. KATHARINA JABRANE