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Dominanz der Sportschulen

Beim Frühjahrsfinale von „Jugend trainiert für Olympia“ in Berlin sahnen vor allem die Teilnehmer aus dem Osten ab

Die einen schlürfen wie erfahrene Sieger zum Podest, andere scheinen richtig aufgeregt zu sein. Kompliziert frisierte Mädchen schreiten in Abendgarderobe zur Siegerehrung im Velodrom, während dauerlässige Jungs die Urkunden im Sportdress entgegennehmen. Fast alle Preisträger schieben ihre Körper in einem eigenartigen Wackelgang Richtung Bühne. Doch die nicht immer runden Bewegungen, die bisweilen aussehen, als seien sie einstudiert, sind das Ergebnis der harten körperlichen Belastung, die hinter den Jugendlichen liegt. Sie alle haben am Finale des Bundeswettbewerbs „Jugend trainiert für Olympia“ teilgenommen und drei harte Wettkampftage hinter sich.

Robert Kulawick sieht so aus, als hätte er nach den Wettkämpfen seine Sportkleidung gar nicht erst ausgezogen. Der 16-Jährige hat als Kapitän der Basketballmannschaft des Coubertin-Gymnasiums in Berlin-Lichtenberg soeben die Urkunde für den zweiten Platz in seiner Altersklasse entgegengenommen. Seine Mannschaft hat an den letzten drei Tagen sieben Spiele bestritten. „Obwohl – die Spielzeit ist verkürzt“, meint der coole Robert, der nicht zugeben kann, dass das Turnier geschlaucht hat. Im Finale mussten sich die Berliner der Mannschaft des Gymnasiums Schloss Hagershof aus Bad Honnef in Nordrhein-Westfalen geschlagen geben. Deren Sieg war eines der überraschenden Ergebnisse des Frühjahrsfinales, bei dem die besten Schulmannschaften in den Sportarten Basketball, Geräteturnen, Handball, Schwimmen, Tischtennis und Volleyball ermittelt wurden.

Die meisten Wettbewerbe wurden von Teams aus Sportschulen der neuen Länder und dem Ostteil Berlins dominiert. Diese vom Präsidenten des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, als „Eliteschulen des Sports“ bezeichneten Einrichtungen haben den Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ regelrecht umgekrempelt. Vor der Wiedervereinigung war er vor allem ein Breitensportereignis. Die Dominanz der Sportschulen führt heute beispielsweise dazu, dass keine Schulmannschaft aus dem Saarland, aus Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein unter die ersten drei gekommen ist.

Der Vorsitzende des Vereins „Jugend trainiert für Olympia“, Rainer Höttler, sieht das aber gelassen. Der Aufbau von Sportschulen im Westen habe gerade begonnen, bald schon würden die Podiumsplätze ausgewogener vergeben werden können. Er betont, dass es Ziel des Wettbewerbs sei, Vereine und Verbände auf Jugendliche aufmerksam zu machen, deren Qualitäten bisher nur im Sportunterricht zum Tragen gekommen seien. Deshalb wolle man neben den bislang üblichen Mannschaftsturnieren auch Einzelwettbewerbe durchführen.

Auch bei diesem Vorhaben scheint das DDR-Sportfördersystem mit seinen Schüler-Spartakiaden Vorbild zu sein. Höttler betont aber auch den Breitensportcharakter der Veranstaltung. In diesem Jahr nehmen bundesweit mehr als 850.000 Jugendliche an „Jugend trainiert für Olympia“ teil, bald sollen es über eine Million sein.

Die Bemühungen, die seit 1969 existierende Einrichtung zu einem Sportförderinstrument werden zu lassen, war auch der Siegerehrung anzumerken. ZDF-Sportchef Wolf-Dieter Poschmann moderierte, Sport- und Innenminister Otto Schily zeichnete die Handballer aus und wurde von den versammelten etwa 4.000 Jugendlichen gefeiert. Es war viel von „Zukunft“ die Rede, von „Olympia“ und von „am Ball bleiben“. Jetzt sind die Jugendlichen gefragt, die einfach weiter trainieren müssen.

ANDREAS RÜTTENAUER

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