: Chip unter der Haut
Eingepflanzter Mini-Computer soll Menschen bei Krankheiten helfen. Als nächste Stufe droht die globale Standortüberwachung des Probanden
BERLIN taz ■ Eine dreiköpfige Familie im US-Bundesstaat Florida hat sich am Freitag als erste weltweit einen Computerchip einpflanzen lassen, auf dem ihre Telefonnummer und Informationen über Medikamente gespeichert sind. Der Eingriff fand unter örtlicher Betäubung statt und wurde von einem Fernsehsender live übertragen.
Der Chip hat die Größe eines Reiskorns und wurde Jeff und Leslie Jacobs samt ihrem 14-jährigen Sohn Derek in den Arm eingepflanzt. Die Prozedur dauerte nur je zehn Minuten. Die Information auf dem Chip kann mit einem Scanner von außen gelesen werden. „Wir versprechen uns davon mehr Sicherheit“, sagte die 46-jährige Leslie Jacobs nach dem Eingriff. Ihr Mann habe bereits mehrere Operationen hinter sich. Die Familie wolle für etwaige Notfälle besser gerüstet sein.
Der Hersteller Applied Digital Solutions (www.adsx.com) will den „VeriChip“ für etwa 200 Dollar (rund 219 Euro) verkaufen. Die Firma, so Kritiker, denke dabei bei weitem nicht nur an simple Informationen für den Notarzt. Für diesen Zweck gibt es auch bisher schon Marken oder Kapseln, die außen am Körper getragen werden. Es drohe vielmehr die lückenlose Überwachung des Menschen.
Ende April verkündete ADSX, dass in sieben Monaten ein weiterer Prototyp eines solchen Unter-der-Haut-Chips fertig würde. Damit soll dann die Position des Probanden jederzeit per Satellitensystem GPS feststellbar sein. Potenzielle Kunden wollen bei einer befürchteten Entführung schnell und unbemerkt lokalisiert werden können. Verschwundene Kinder wären schnell gefunden.
Der Chip wird durch ein Funksignal aktiviert und sendet dann seinerseits eine Zahlenkombination aus. In einer Internetdatei ist diese samt den zugehörigen Informationen über die Person gespeichert. Die Frage ist nun, wer ist autorisiert? Polizei und Geheimdienste wären gewiss an einer möglichst großen Verbreitung des jederzeit ortbaren Ausweises unter der Haut interessiert. REM
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