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Embryonen-Check wird abgelehnt

Enquetekommission für „Recht und Ethik der modernen Medizin“ legt Bericht vor. Präimplantationsdiagnostik soll laut Kommission verboten bleiben. Über die PID wird der Bundestag in der nächsten Wahlperiode entscheiden

von WOLFGANG LÖHR

Ein „umfassendes Gendiagnostik-Gesetz“ müsse sicherstellen, dass das „Recht auf Nichtwissen“ eingehalten werde, fordert die Enquetekommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“.

Vorgeburtliche Gentests und genetische Untersuchungen, die medizinischen Zwecken dienen, dürften nur vom Arzt angeordnet werden. Heimliche Gentests, die ohne Zustimmung der Betroffenen durchgeführt werden, sollen unter Strafe gestellt werden. Dies sind nur einige Empfehlungen aus dem Abschlussbericht, den die vor zwei Jahren vom Parlament eingesetzte Enquetekommission heute dem Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse übergeben wird.

Über 500 Seiten umfasst der Abschlussbericht, den das aus je 13 Abgeordneten und Fachexperten zusammengesetzte Gremium ausgearbeitet hat. Aufgabe der Kommission war, die Entwicklung der modernen Medizin vor allem in Hinblick auf die besonderen Herausforderungen der Gentechnologie unter die Lupe zu nehmen und dem Parlament Empfehlungen für gesetzliche Regelungen vorzulegen.

Schon bei der Einrichtung der Kommission war abzusehen, dass zumindest für ein Teil der auf der Tagesordnung stehenden Problemfelder ein enormer Zeitdruck bestand. Um nicht bei der Abgabe ihres Abschlussberichts vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, sah sich die Kommission deshalb auch genötigt, mehrmals und noch vor Ende ihrer Arbeit dem Parlament einen Zwischenbericht vorzulegen, unter anderem zum Stammzellimport und zum Biopatentgesetz.

Auch beendete erst eine eindeutige Stellungnahme der Enquetekommission Anfang vergangenen Jahres den Versuch von Forschungsministerin Edelgart Bulmahn sowie Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, den genetischen Check-up von Reagenzglas-Embryonen, die so genannte Präimplantationsdiagnostik (PID), durch die Hintertür zuzulassen.

Wiederholt hatten die SPD-Ministerinnen in Zweifel gezogen, dass die PID nach der derzeitigen Rechtslage verboten sei. Erst nachdem die Enquetekommission klarstellte, dass „PID mit dem Embryonenschutzgesetz unvereinbar“ sei, hörte auch diese Debatte auf.

Eine überwiegende Mehrheit der Enquetekommission spricht sich in dem Abschlussbericht gegen eine Zulassung der PID aus. „Die Schutzpflicht des Staates gegenüber dem Embryo verlangt, an dem bestehenden Verbot der PID festzuhalten“, heißt es dazu in dem der taz vorliegenden Bericht. Dem Bundestag werde empfohlen, „gegebenenfalls im Rahmen eines neuen Fortpflanzungsmedizingesetzes den inhaltlichen Gehalt des Embryonenschutzgesetzes zu bewahren und das Verbot der PID zu konkretisieren“.

Darüber hinaus soll sich der Bundestag auch im Rahmen von internationalen Regelungen dafür einsetzen, dass „von der Zulassung oder weiteren Nutzung der PID Abstand genommen wird“. Nur drei Enquete-Mitglieder, unter anderem die Vorsitzende Margot von Renesse (SPD) und der ehemalige CDU-Justizminister Edzard Schmidt-Jortzig, sprachen sich für eine streng kontrollierte Anwendung der PID aus. Über die PID soll der Bundestag in der nächsten Legislaturperiode entscheiden.

Kritik, wenn auch nur unterschwellig, muss Bundeskanzler Gerhard Schröder einstecken. Der vom Kanzler im vergangenen Jahr gegründete Nationale Ethikrat sei neben der National Bioethics Advisory Commission in den USA „das einzige nationale Ethikgremium, bei dem Initiative und Ernennung ausschließlich beim Regierungschef konzentriert sind“, heißt es in dem Enquete-Bericht.

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