das warten: episode 2
: Schwerter in Schlangen

Sitz 11, Reihe E

„Tut mir Leid. Ich muss erst noch kämpfen“, sagt Luc Skywalker zur Frau von der Presse, schwingt mit einer lässigen Handbewegung seinen braunen Mantel zur Seite und zückt das rote Laserschwert. Seit drei Tagen hat der Kämpfer gegen das Böse im weißen Kunststoffzelt vor dem Cinemaxx-Kino am Potsdamer Platz gehockt und sich von Paprikachips ernährt. Das Zelt haben die netten Kinobetreiber ganz uneigennützig zur Verfügung gestellt. So bleibt der junge Held vor Platzregen geschützt. Dafür muss er die Passanten aushalten, bei denen er reihenweise Lachkrämpfe auslöst. Man muss eben stark sein, um es mit dem Bösen aufzunehmen. Und es bis zum großen Showdown auszuhalten: Mittwoch, Punkt 12 Uhr, Kartenvorverkauf für Star Wars – „Episode 2 –Angriff der Klonkrieger.“

Schön brav in Zweierreihen stehen die rund 100 Fans vor dem Cinemaxx-Koloss. Seit Sonntag harren die Anhänger des George-Lucas-Imperiums aus, um einen Platz in Saal 7 zu ergattern. Dort treffen sich zur Weltpremiere in der Nacht zu Donnerstag, genau eine Minute nach Mitternacht, nur die fanatischsten unter den Science-Fiction-Fanatikern.

Luc Skywalker steht natürlich ganz vorne in der Warteschlange. Eigentlich heißt er Philipp Wartenberg und wohnt in Paderborn. Wenn er dort nicht gerade Wirtschaftsinformatik studiert, bastelt er mit seinem Kumpel an Deutschland größter Internetseite für Star-Wars-Fans. Oder er organisiert die „Berlin-Line“, die Warteschlange für die „Episode“-Premiere.

Luc alias Philipp hat einen großen Tag. Überall Blitzlichtgewitter, neugierige Journalisten und Fernsehkameras. Und hinter ihm die Wartenden. Der typische Fan ist männlich, zwischen 15 und 25 Jahre alt und hat einen Hang zu Pickeln. Wer die Pubertät schon hinter sich gelassen hat, studiert vorzugsweise BWL oder Wirtschaftsinformatik. Wie Philipp. Der schlaksige junge Mann beantwortet souverän die Fragen der Presse, dann kämpft er eine Runde vor laufender Kamera. Sein Gegner ist Björn Kotthoff. Der 23-jährige Zeitsoldat kommt ebenfalls aus Ostwestfalen und hat sich extra Urlaub genommen, um zum Event in die Hauptstadt zu fahren. Er trägt einen orangefarbenen Overall, der an Müllmann erinnert, und hat sich eine eigenwillige Konstruktion aus Eierkartons umgeschnallt. „Ich bin ein Rebellenpilot“, lächelt er schüchern, „ich weiß, sieht noch nicht ganz so professionell aus.“

Punkt 12 Uhr lassen Philipp und Björn die Schwerter fallen und stürmen das Tor zum Kino-Universum. „Hurra“, rufen einige entrückt und schieben sich, unterlegt mit den heroischen Klängen des Starwars-Soundtracks, gen Kasse. Hektisch kramen die „imperialen Sturmtruppen“ Geld aus dem sperrigen Kostüm. „Ich habe Sitz 11 in Reihe E“, strahlt Björn, der Rebell. Philipp bleibt cooler. „Klar haben wir die besten Plätze“, sagt er. Aber Freude? „Habe den Film schon letzte Woche bei der Pressevorführung in München gesehen.“ Gefiel ihm besser als „Episode 1“ 1999: „Den konnte man doch in die Tonne drücken, so schlecht war der.“ Damals hatte Luc sieben Tage vor dem Cinemaxx gezeltet.

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