berliner szenen Global in Prenzlauer Berg

Bush/Aron

Die Welt ist schlecht, Tendenz: weiter fallend. Der Kastanienbaum in unserem Hinterhof beispielsweise verliert schon wieder seine Blätter. Schuld daran sei, verriet mir unlängst Herr Krähenburg aus dem Vorderhaus, die mazedonische Minier-Motte. Die muss es seit 1990 irgendwie nach Mitteleuropa vertrieben haben. Die einzige Behandlungsmethode wäre: das kontaminierte Laub tief in der Erde zu vergraben oder sofort zu verbrennen.

Die Globalisierung macht auch vor dem nördlichen Prenzlauer Berg nicht halt und zwingt zu entschlossenem Handeln. Das haben auch die Genossen von der SPD begriffen, die ihre Sitzungen regelmäßig gegenüber in der Seniorenfreizeitstätte abhalten. Sie trinken zwar im Lokal, doch sie denken global. Vor einiger Zeit erhielt ich von Herrn Quardt, dem Vorsitzenden, ein dramatisches E-Mail-Rundschreiben, Überschrift: „Globaler Rechtsruck“. Berlusconi, Haider, Le Pen, und dann die Schlappe in Sachsen-Anhalt! Er mache sich „ehrlich Sorgen“, so Herr Quardt. Bald darauf wurde es noch dramatischer: Unter der Überschrift „Generalmobilisierung“ echauffierte sich der Chef der verbalen Seniorenfreizeitstätten-Eingreiftruppe über die „Möchtegern-Krieger“ Scharon und Bush. Bush proklamiere „Einfälle im Irak“ und wolle ohne Rücksicht auf Verluste „am Horn von Afrika Frieden schaffen“. Bei Opfern auf eigener Seite werde natürlich wieder ein „riesiges Geheul“ angestimmt, prophezeite Herr Quardt. Allerdings hatte er statt Scharon nur Aron geschrieben.

Ein Kollateralschaden, der weitere E-Mail nach sich zog: Irgendwie, so Herr Quardt, sei ihm „das Sch bei Scharon abhanden gekommen“. Doch, so schlussfolgerte der Streiter für grenzenlose Gerechtigkeit: „Vielleicht hat er das ja verdient.“ ANSGAR WARNER