village voice MC Renés neues Album „Ich scheiss auf euren Hiphop“
: Durchgezogen und hängen geblieben

„Ich bin whack und Kommerz, rap‘ ohne Herz, HipHop bin ich nicht, echte Skills bring ich nicht, hardcore kling ich nicht, deepe Texte sing ich nicht.“ Da kann man nur sagen: Ja, richtig, MC René ist wieder da mit einem neuen Album namens „Ich scheiss auf euren HipHop“. Auf wessen HipHop jetzt genau geschissen wird, bleibt ungewiss, aber wie der Titel immerhin andeutet, soll man wahrscheinlich nicht dem Hype glauben. Das ist leicht gesagt, wenn man selber nie der Hype gewesen ist.

Das Problem von MC René ist ganz einfach, dass er seit jeher als das Freestyle-Über-Talent gehandelt wurde – was klargeht –, seine Studioalben aber immer völlig verkackt haben. Während alte Weggefährten wie die Absoluten Beginner oder Fünf Sterne Deluxe massive Charterfolge einfuhren, musste er abseits des deutschen HipHop-Booms weiterhin sein Dasein als Freestyle-Stehaufmännchen fristen. Andere verbanden Erfolg mit Unabhängigkeit, René hingegen musste ein Angestelltenverhältnis bei Viva eingehen, um sich überhaupt Medienpräsenz zu verschaffen und nach dem gefloppten „Album namens Bert“ weiterhin Platten aufnehmen zu können. Nachdem aber auch sein Job als Moderator des Viva-HipHop-Formats wegsaniert wurde, ist René jetzt als Manuel-Andrack-Klon bei der „Alles Pocher oder was“-Schwachmaten-Show gelandet.

Aber zurück zu Renés neuem Album. Die Frage ist: Wie kann man nur eine so schlechte Platte machen? Sie wundern sich vielleicht, dass dieser kleine Artikel gleich von zwei Leuten geschrieben wird. Aber mal ehrlich: Diese Platte ist so gruselig, dass man sie sich einfach nicht allein anhören kann. Hier versammeln sich Beats, die whacker sind als Konstantin, grässlichst aufdringliche Streichersounds, völlig enervierende Pianoloops sowie lieblose HiHat-Orgien. Über die Musik noch mehr Worte zu verlieren lohnt echt nicht. Bleiben die Raps. Ein böses Gerücht besagt, dass René sich seine Texte von einem gewissen Schmidt-Show-Gagschreiber verfassen lässt.

Nun, es ist ihm nur zu wünschen, dass dieses Gerücht stimmt, denn schon die Refrains wie „Popopopopump up den Shit, ich bin nicht hip, ich bin nicht hop“ oder „Chicichica, chicichica“ animieren schwer zum Weghören. Die sonstigen Flows sind weder die Bombe noch neu, weder originell noch diversifiziert. Alles wirkt irgendwie sehr zweckdienlich auf solide konstruiert und woanders schon vor einiger Zeit besser gehört.

Inhaltlich geht es hauptsächlich um René selbst respektive um Neider und Lästerer, um das harte Musikbiz, um falsche Freunde, die einen abziehen. Er aber zieht seinen Scheiß durch, egal was andere sagen. Wie er für seinen „Tatort“-Auftritt gedisst wird, aber alle es sich angeschaut haben, wie er sich dem Ausverkauf verweigert, und dass die besten und truesten MCs namenlos sind und auf Hinterhöfen rappen.

Was soll man dazu sagen? Der „Tatort“ war halt peinlich, der Ausverkauf wird von der Nachfrage bestimmt, und das Rappen auf Hinterhöfen hängt damit zusammen, dass einen woanders keiner haben will. Dann gibt es noch den großen Return of Sozialkritik, die selbst bei Samy Deluxe besser funktioniert hat, und ansonsten geht’s auch mal ums Chicas-Klarmachen. Das alles ist insgesamt gar nicht gut, da können auch die Gastkünstler Gentleman und Xavier Naidoo nichts mehr besser und auch nichts schlechter machen.

So sollte man eigentlich kein Superstar werden können. Aber vielleicht geht die Rechnung ja doch noch auf. Bekanntermaßen ist HipHop wie Pizza: auch schlecht noch recht beliebt.

JAN WEBER/AXEL WERNER

MC René: „Ich scheiss auf euren HipHop“ (Modul/BMG)