„Schule für alle“

Parlamentarische Linke der SPD fordert Gesamtschule: Bund soll sich stärker an der Bildungspolitik beteiligen

BERLIN taz ■ Wer hat Angst vor einer Strukturdiskussion in der Bildungspolitik? Die parlamentarische Linke der SPD offensichtlich nicht. Während Bundesbildungsministerin Edelgard Buhlman (SPD) und ihre Länderkollegen zur Fortbildung in Finnland weilen, fordert die Parlamentariergruppe schon jetzt das, was Buhlman & Co. erst mal begutachten wollen: eine „Schule für alle“. Die Gesamtschule. Und als ob das noch nicht revolutionär genug wäre, plädieren sie auch noch für eine stärkere Beteiligung des Bundes in der Bildungspolitik.

Die SPD-Abgeordneten um den Vizefraktionschef Michael Müller sehen nach der Pisa-Studie sozialdemokratische Paradigmen im Aufwind. Ernst Dieter Rossmann aus Schleswig-Holstein schwärmt von „Bildungschancen für alle“ und einer „Schule als umfassende Bildungs- und Erziehungsanstalt“. Die Ganztagsschule ist für den stellvertretenden bildungspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion ein „sozialdemokratisches Schröder-Projekt“, das „kommen muss“. Durch das Engagement des Kanzlers werde deutlich, dass Bildung eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Länder und Kommunen sei.

Für die Zukunft sieht die Parlamentariergruppe neben der Etablierung von Ganztagsschulen drei Schwerpunktaufgaben für den Bund: Der solle sich darum kümmern, dass Migranten besser integriert, Bildungsschwache mehr gefördert und intensivere Bildungsforschung betrieben werde, heißt es in einem gemeinsamen Papier, das vergangene Woche vorgestellt wurde. Außerdem müsse eine längerfristige Bildungsfinanzierung diskutiert werden: „Bildung ist ein öffentliches Gut, das auch von öffentlichen Geldern finanziert werden muss.“ Auch hier sei der Bund in der Pflicht. Die von Schröder angekündigten viermal eine Milliarde Euro sind nach Ansicht Rossmanns nicht genug: „Wir brauchen einen politischen Zehn-Jahres-Vertrag von Bund, Ländern und Kommunen.“

Mit den Forderungen nach mehr Kooperation von Bund und Ländern glaubt sich der Abgeordnete auf der allgemeinen SPD-Linie: Schließlich hätte eine gemeinsame Reise mit den Länderministern vor vier Jahren sicherlich noch nicht auf Buhlmans Agenda gestanden.

ANGELIKA HENSOLT