Der lange Marsch in die höchste Leere

China erobert den Weltraum. Trotz hochfliegender Pläne ist der erste bemannte Raumflug nicht mehr fern

PEKING taz ■ Als Sputnik und Apollo die Welt ins Staunen versetzten, durften die Chinesen nur Mao tse-Tung verehren. Jetzt wollen sie nachholen, was sie damals versäumten: „Wissenschaftler über dem Mond“, verspricht die Zeitung China Daily. Glaubt man Ouyang Ziyuan, dem Leiter des chinesischen Mondforschungsprogramms, dann soll schon 2010 der erste Mondflug ab der Inneren Mongolei stattfinden und eine chinesische Basis auf dem Erdtrabanten errichtet werden. Wer daran weiter zweifelt, den versucht derzeit die Ausstellung „China Millenniumsdenkmal“ im Rahmen der zweiten nationalen Technikwoche in Peking eines Besseren zu belehren.

Abseits des Rampenlichts sind die Experten bescheidener. „Das sind bis jetzt nur theoretische Diskussionen“, erläutert Li Chunlai, Mitarbeiter des Gruppe „Mondforschung“ von der Chinesischen Akademie für Wissenschaften. China habe zwar 1998 ein Projekt zur Gestaltung eines „lunaren Forschungsroboters“ ins Leben gerufen, aber „mit der technischen Umsetzung für eine Monderforschung ist bis dato noch nicht begonnen worden“, sagt Li. Auch habe China bislang nur unbemannte Raumschiffe ins All geschickt. Das allerdings mit immer größeren Erfolg.

Nach sechs Jahren Raumschiffforschung ist Peking tatsächlich einen großen Schirtt weitergekommen: Die dritte Kapsel names „Heiliges Gefährt“ (Shenzou) kehrte nach 108-maliger Erdumkreisung am Ostermontag auf den Weltraumbahnhof in der Inneren Mongolei zurück. Die Regierung erklärte das Raumschiff als technisch geeignet für die Beförderung von Astronauten. Bislang saßen immer nur Tiere, erst Kaninchen und Schnecken, später ein Hund und zuletzt ein Affe neben Versuchspuppen auf den Sitzen.

Dennoch wird demnächst nicht von der ersten bemannten chinesischen Weltraumfahrt die Rede sein: Wan Hu erfand bereits im 16. Jahrhundert einen Raketenpropeller-Stuhl. Mit 47 Raketen und zwei Planen ausgerüstet, erhob sich Wans Gefährt umhüllt von Rauch und Flamme in den Himmel. Der erste Mann der „höchsten Leere“, so die chinesiche Übersetzung für Weltraum, wurde nie wieder gesehen.

Chinas moderne Astronauten werden dagegen besser vorbereitet sein. Jeder der bereits ausgewählten 14 Männer zählt zu den Spitzenpiloten des Landes und hat Weltraummaß: mindestens 1,70 m groß und 50 kg schwer. Sie durchlaufen ein Simulationstrainung und machen sich mit „Shenzhou IV“ vertraut, die in der zweiten Jahreshälfte erstmals starten soll. Allerdings noch unbemannt. Erst nach diesem Experiment könne man Menschen in das Weltall schicken, behauptet Liu Yongying, Ingenieur an Chinas renomiertester Raumfahrtakademie in Schanghai. Das könnte dann nach Expertenmeinung mit Shenzhou V Ende des Jahres geschehen oder spätestens mit einem weiteren Prototyp im nächsten Jahr. Für 2002 sind insgesamt 10 Testflüge geplant.

Noch ist China maßgeblich auf westliche Technologie angewiesen. Doch werde mit dem ersten bemannten Raumflug ein „historischer Durchbruch“ erzielt, der in eine zweite Phase einer rein chinesichen Raumfahrt münden werde, kommentierte eine chinesische Zeitung. K.KUPFER/G. BLUME