Pflanzen an Stahlseilen

Was Gärtner gegen feige Pflanzenklauer machen, wie Fußballfans Schneisen der Verwüstung ziehen – und das große Geheimnis eines Schleswig-Holstein-Modells das niemand kennt

von PEGGY WOLF

Es ist acht Uhr. Noch ist es ruhig im Schulgarten des Altonaer Volksparks. Die siebenköpfige Gärtnerkolonne geht an die Arbeit. Es gilt Rhododendren zu mulchen, Unkraut zu jäten, den Boden in den Beeten zu lockern. Gartenbauleiter Helmut Fricke, Chef der Abteilung, macht sich auf seine tägliche Runde durch das 15 Hektar große Areal aus Staudenpflanzen, Wiesen und einem Waldstück. „Letzte Nacht wurden wohl keine Pflanzen entwendet“, meint er danach freudestrahlend. Eigentlich ja Normalität, dass alles bleibt, wo es hingehört, nicht aber im ehemaligen Schulgarten. Pflanzendiebe nehmen alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. Sie kommen am helllichten Tag, reißen Pfingstrosen oder Rittersporn aus, und die ganz Frechen kommen des Nachts und nehmen auch schon mal eine große Kornifere per Bollerwagen und Fahrrad mit. Aber das sind nicht die einzigen Probleme von Helmut Fricke. Denn, als ob das nicht schon schlimm genug wäre: Nach Fußballspielen in der AOL-Arena kommt es ebenso regelmäßig, wie Pflanzen gestohlen werden, zu Zerstörungen an Holzbänken oder Bäumen. Mal ganz zu schweigen von den Tonnen an Bierdosen, die die wüste Schneise der tobenden Fans dokumentiert.

Helmut Fricke arbeitet seit drei Jahren im Schulgarten. Seitdem hat er hunderte an Stauden, wie Pfingstrosen, Phlox, Margeriten, Sonnenhut, Taglilien oder Lavendel eingesetzt und den Rosengarten um den Pavillon neu angelegt. Im Oktober werden die neuen Rosen eingesetzt. Im nächsten Jahr sollen sie zum ersten Mal blühen. Er will mit seiner Mannschaft den historischen Garten wieder neu anlegen und den übrigen Teil neu gestalten. Ideen hat er genug. Willige Mitarbeiter auch.

„Seit April haben wir bestimmt zehn Diebstähle zur Anzeige gebracht“, erklärt Helmut Fricke. ob das was nützt: Schulterzucken. Wie groß der Schaden ist, kann man nicht schätzen, aber egal, wie groß er ist: Das einzige was fehlt, ist Geld, Geld für einen Zaun um die gepflegte Anlage, wie es im bekannten Dahliengarten ist. Dort stehen 12.000 Sorten der verschiedensten Dahlien – sicher. Und im Staudengarten? Immerhin auch einer der größten In Hamburg – da ist nichts. Hilfe zur Selbsthilfe ist da angesagt und „Deshalb haben wir jetzt damit begonnen, einige Pflanzen – zwei Meter tief im Boden – mit Stahlseilen zu sichern.“ Die Lösung für das Vandalismusproblem ist aber nicht in Sicht.

Der Schulgarten im Volkspark heißt nicht nur so, sondern war vor 1937 einer. Schüler aus umliegenden Schulen versuchten sich als junge Gärtner und Botaniker und hatten rund um den kleinen Hügel ihre Beete. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Tradition leider nicht wieder belebt.

Im Volkspark gibt es auch ein Schleswig-Holstein-Modell: seit 30 oder 40 Jahren. Keiner weiß das mehr so genau. Und nur ganz wenige haben es gar schon einmal gesehen. Im ehemaligen Apothekergarten liegt das Modell aus verschiedenfarbigen Granitsteinen in einer für Schleswig-Holstein typischen Landschaft aus nachempfundenen Knickwällen und Obstbaummenagerien, versteckt in einer, wer hätte es gedacht, für Schleswig-Holstein typischen Obststreuwiese. Ein geschichtsträchtiger Ort: Das Land zwischen Nord- und Ostsee – eine Halde skandinavischen eiszeitlichen Geschiebes und dem Meer abgerungenen Marschlandes. Wer es entworfen hat, wer es hergestellt hat – ist nicht zu klären. Was es aussagt, bleibt das größte Rätsel, fehlt doch schon seit einiger Zeit die erklärende Legende. Vandalen helft aufklären!