Nur noch eine Frage der Zeit

Mondo Fumatore sind Berlins ewiger Geheimtip. Oder Berlins Antwort auf die Pet Shop Boys und Suicide. Vielleicht sind sie aber auch bloß ein modernes Recycling-Institut für alles Gute zwischen Velvet Underground und Led Zeppelin. Ein Porträt

Wie Bonnie und Clyde, die High-Impact-R-’n’-B auf einem Ragga-Dance spielen

von AXEL WERNER

Dass auf dieser Welt einiges schief läuft, lässt sich schon an der Notwendigkeit folgender Frage erkennen: Wer beziehungsweise was ist oder sind Mondo Fumatore? Gäbe es einen Gott oder wenigstens Gerechtigkeit, dann wären sie längst größer als die Beatles. So aber muss man zwischen ein paar allesamt relativ unbefriedigenden Antworten auswählen.

Die erste mögliche Antwort: „Berlins ewiger Geheimtip“. Dabei sind Mondo Fumatore eher der Sound of Berlin und Barcelona, wo sie schon verdienterweise auf der Straße von kleinen Mädchen um Autogramme angehauen werden.

Die zweite mögliche Antwort: „Ein volltrunkener Sänger und eine gelangweilte Bassistin“, wie jüngst eine offensichtlich vollkommen umnachtete Konkurrenzpresse schrieb. Dabei sind Mondo Fumatore die tollste Live-Band seit Motörhead und das wohl größte Pop-Duo seit den Pet Shop Boys und Suicide.

Die dritte mögliche Antwort: Ein modernes Recycling-Institut für alles Gute zwischen Velvet Underground und Led Zeppelin oder Elvis und Robert Mitchum. Dabei machen sie nach eigener Einschätzung ganz einfach ordentlich abgehenden Rock ’n’ Roll mit Frickelelektronik.

Der letzte Versuch einer korrekten Antwort: Wären Mondo Fumatore ein Outfit, bestünden sie aus Cowboyhut, Parka und B-Pitch-Control-T-Shirt. Wenn dieses Bild weiterhilft. Wie soll man aber auch eine Band beschreiben, die einerseits, es sei mir verziehen, so gut wie kein Arsch kennt und die andererseits in ihren Interviews ständig beantworten muss, warum in aller Welt sie noch keinen Nummer-eins-Hit hatte?

Sicher ist: Mondo Fumatore sind Mondomarc (natural born Spanier, Elektronik, Gitarre und eine Stimme, die sich wahlweise anhört wie Lou Reed oder Neil Young in ihren besten Momenten) und Gwendolin (Berlinerin, Gesang, Keyboards und weder Bass noch gelangweilt, sondern Gitarre und YEAH!). Und Mondo Fumatore sind Punk. Entsprechend standesgemäß residiert das Pop-Imperium in Kreuzberg und Neukölln. Da es im Moment noch vergleichsweise aussichtslos damit steht, mit ihrer Musik den verdienten Reichtum auf Puff-Daddy-Niveau zu erlangen, und da das neue Album den finalen internationalen Superstar-Durchbruch leider erst im Herbst veranlassen wird, sei an dieser Stelle nochmals auf die beiden fantastischen Mondo-Langspielplatten „Rolling like an egg“ (kaufen!) und „Plays Rodeo“ (mehrfach kaufen!) verwiesen, die den Werdegang der Band vom klassischen Garagenrock bis zum elektronischen Beat-Bull-Riding natürlich am besten veranschaulichen können. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an die schicke Internet-Präsenz www.mondofumatore.de, die neben aktuellen Informationen auch hübsche Bilder und mp3-Downloads zur Verfügung stellt. Was fehlt, ist ein großer Mondo-Merchandise in Star-Wars-Dimensionen. Vermutlich wird man sich aber noch etwas gedulden müssen, bis es neben den sehr schönen Band-T-Shirts, die Gwendolin unter härtesten Bedingungen in wochenlanger Handarbeit herstellt, noch Feuerzeuge, Kaffeetassen und Stofftiere und geben wird.

Mondo Fumatore existieren seit etlichen Jahren in mehreren Besetzungen. Vor fünf Jahren stieg Gwendolin ein, seit zwei Jahren besteht die Band im beliebten Zweierkompaktformat. Weniger Leute bedeuteten gleichzeitig den Einsatz von mehr Elektronik, und die wiederum bedeutete mehr musikalische Möglichkeiten. Dabei wurde von Diktiergerät bis Sampler alles benutzt, was nur in die Hände fiel. Allerdings: Es handelt sich hier nicht bloß um lustige Lo-Fi-Gimmicks, sondern einfach um eine Frage der Verfügbarkeit. Dazu Gwendolin: „Aus irgendeinem Grund haftet uns ein vollkommen falsches Image von billigen Gitarren und Spielzeugsynthesizern an. Wenn die Leute wüssten, wie unglaublich teuer alleine unsere Gitarren sind! Und wenn wir schon früher bessere Elektronik und richtige Samplinggeräte gehabt hätten, dann hätten wir sie auch angemessen benutzt.“

Inzwischen ist die Technik da, der Umgang mit ihr perfektioniert und der Mondo-Sound zwischen unglaublich charmantem Pop-Appeal und Bonus-Beatgewittern endgesteigert. „Unsere Arbeitsweise ist eigentlich recht zweigeteilt. Einerseits die wirklich harte Computerarbeit, die nun so gar nichts mit Rock ’n’ Roll zu tun hat: Man sitzt stundenlang vor dem Bildschirm, schiebt Kästchen und wird irgendwann blöd davon. Dafür ist es danach umso besser, das Ganze auf die Bühne zu tragen und live zu veranstalten.“ Und das muss man sich dann in etwa so vorstellen wie Bonnie und Clyde 2002, die High-Impact-R-’n’-B auf einem Ragga-Dance spielen. Warten wir also angespannt auf das neue Album und besuchen bis dahin jedes verfügbare Konzert. Denn, wie Marc es ausdrückt: „Es gibt kein Leben nach Mondo Fumatore.“

Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Support your local rock heroes und unterstützt Mondo Fumatore auf ihrem Weg zur Weltherrschaft. Es ist nämlich nur eine Frage der Zeit, und da sollte man doch auf der richtigen Seite stehen.

Bisher von Mondo Fumatore erschienen: „Rolling like an Egg“ und „Plays Rodeo“, beide Rewika Records