Wahlsieger mit dunkler Vergangenheit

Álvaro Uribe Vélez, der Kandidat von Oligarchie und Paramilitärs, wird neuer Präsident Kolumbiens

Der Leibwächter kommt sogar mit aufs Klo. Mit einem kleinen Kopfhörer im linken Ohr und der rechten Hand unter dem Sakko wartet er an der Ecke zu den Pissoirs. Sein Chef reißt derweil beim Pinkeln billige Witze. Er weiß, er wird beobachtet, und versucht mit geöffneter Hose so locker wie möglich zu wirken. Wahlkampf ist überall. Breit grinsend sagt er: „Auch ein Kandidat muss mal.“ Álvaro Uribe zuckt mit den Schultern, schließt den Hosengürtel, wäscht sich die Hände und prüft die Frisur kritisch im Spiegel.

Am Sonntag hat es Álvaro Uribe geschafft – als erster Kandidat in Kolumbiens Geschichte übersprang er schon im ersten Wahlgang die Hürde zur absoluten Mehrheit. Nun wird Kolumbien in den kommenden vier Jahren einen Hardliner als Präsidenten haben, der sich fest vorgenommen hat aufzuräumen. Mit einer schlagkräftigen Armee will er die Guerilla vernichten. Verhandeln will er, wenn überhaupt, nur zu seinen Bedingungen.

Uribes Message lautet: Stärke. Und sein Lieblingswort ist: Autorität. Was wird der Staat unternehmen, um Massaker an der Zivilbevölkerung zu verhindern? „Es hilft nur: Autorität, Autorität, Autorität.“

Die sieht für Uribe so aus: Bewaffnung von einer Million Kolumbianern, damit sie sich gegen die Guerilla zur Wehr setzten können. Nach heftigen Protesten von der UN-Menschenrechtshochkommisarin Mary Robinson ist er von dieser Idee abgekommen und will jetzt nur noch eine Million Kolumbianer in Nachbarschaftskomitees organisieren, die Informationen an die Sicherheitsbehörden liefern.

Die Idee stammt aus seiner Zeit als Gouverneur des Departments von Antioquia (1994 bis1997). Damals hatte Uribe im ganzen Department so genannte Associaciones Convivir gegründet. Diese privaten Gruppen machten Front gegen die Guerilla und tauchen seit 1998 in den Berichten des Büros des UN-Hochkommisariats für Menschenrechte (UNHCR) in Kolumbien als Keimzelle der rechten Paramilitärs auf.

Uribe, der Kandidat der kolumbianischen Oligarchie, des Unternehmertums und der USA, ist ein autoritärer Charakter. Kritik kann er nicht ausstehen. Als ein Newsweek-Reporter ihn zu seinen Verbindungen zum Drogenhandel befragte, brach Uribe erbost das Interview ab und sieht seither in der Auslandspresse, in Internationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen seine natürlichen Feinde.

Dabei hätte Uribe hierzu sicherlich einiges zu sagen. Sein Vater hatte es in Antioquia als Pferdezüchter zu Reichtum gebracht. Damals war das Pferdezuchtgeschäft in Kolumbien eng mit der Drogenmafia und der Geldwäsche verbunden. Wenig überraschend, dass Uribes Vater eng befreundet war mit Fabio Ochoa, dem Chef eines Drogenclans. Als Uribe 1997 Präsidentschaftskandidat seiner Liberalen Partei werden wollte, ließ er sich mit einem seiner Unterstützer fotografieren: Fabio Ochoa.

Aber bereits davor gibt es Ungereimtheiten in der Biografie Uribes. Als Direktor der zivilen Luftfahrtbehörde soll er zwischen 1980 und 1982 Lizenzen für Kleinflugzeuge ausgestellt haben, die Drogen transportiert haben. Die meisten dieser Lizenzen sollen an Freunde seines Vaters gegangen sein, nicht wenige sogar binnen 24 Stunden, berichtet ein in der Sache tätiger Jurist. Uribe ist eben ein Macher.

INGO MALCHER