vorlauf kunst Harald Fricke schaut sich inden Galerien von Berlin um

In Japan werden Arbeiten von Bastienne Kramer als Girl Power bewundert. Das mag der niederländischen Künstlerin recht sein, schließlich sind ihre Frauenskulpturen in viele Richtungen anschlussfähig. Niki de Saint Phalle, mexikanische Altarfiguren, Action-Puppen, Salzstreuer – Kramer nutzt das weite Feld zwischen High und Low. Trotzdem staunt man nicht schlecht über die aggressive Unmittelbarkeit, wenn in der Galerie Kunstpunkt Berlin eine vier Meter große Warriorin auf dem Boden liegt. Das Modell „S(UZI)“ – tarnfarbenfleckig und mit entsprechender Waffe ausgestattet – gehört zu einem Setting aus Keramikfiguren, die an den wehrtüchtigen Feminismus der 70er-Jahre erinnern. Zugleich sucht Kramer einen Brückenschlag, der den Weiblichkeitsfolk mit dem Durcheinander der globalen Märkte verbindet: Im Vorderraum der Galerie liegen Lounge-Kissen aus, zwischen denen künstlich beleuchtete Wasserfälle fließen – wie sonst nur in Asia-Snacks. Das schafft noch mehr Beziehungen.

Bei Susanne Weirich muss der Besucher mitarbeiten. Für ihre Ausstellung „Better Homes and Gardens“ hat sie eine Wand bei Laura Mars Grp. in ein überdimensionales Rubbellos verwandelt. Unter der stahlgrauen Lackierung finden sich piktogrammartige Zeichen, die wie in einer inszenierten Archäologie ausgegraben werden. Dadurch entsteht mehr ein Muster als eine Schrift, eine abstrakte Ordnung, die sich sozusagen aus den zufälligen Kratzspuren des Betrachters herausschält. Dass es Weirich um die Fiktion von Lesbarkeit geht, merkt man auch an den Umrissen platt gefahrener Biber oder Igel, die über die Galerie verteilt wie Trophäen gerahmt sind. In Amerika gibt es dafür den Begriff „Roadkill“, hier sieht es wie ein Wahrnehmungsquiz in Sachen Tierkunde aus.

Anregungen: vorlauf@taz.de Freitag kommt Konzert