(T-)EURO: ES GIBT REZEPTE GEGEN GEFÜHLTE UND ECHTE PREISSTEIGERUNGEN
: Meckern und feilschen

Manchmal kommt man sich vor wie im Treibhaus – dabei ist es eigentlich gar nicht so heiß. Die Meteorologen nennen das „gefühlte Temperatur“. So ähnlich geht es vielen Deutschen in letzter Zeit mit den Preisen. Zwar zeigt der Blick aufs Euro-Preisthermometer weder Hitzewellen noch Kältefronten an, sondern nur die üblichen kleinen Schwankungen. Der „gefühlte Preis“ aber steigt trotzdem.

Die Entscheidung, ins Freibad zu gehen oder nicht, hängt vom subjektiven Wärmeempfinden ab – die Erwägung, Geld auszugeben oder zu sparen, von der subjektiven Empfindung, weniger im Portemonnaie zu haben. Hier liegt die Gefahr – nicht in ein paar Promille Inflation mehr oder weniger. Denn die Verbraucher konsumieren weniger und sparen stattdessen, wenn sie das Gefühl haben, sich nicht mehr so viel leisten zu können.

Für die Konjunktur, die sich gerade wieder etwas erholt, ist eine höhere Sparquote jedoch das Letzte. Gut tun würde mehr Konsum. Das wäre für die Unternehmen ein Anreiz, mehr zu produzieren, das würde Kapazitäten auslasten und Leute beschäftigen. Um diese Kehrtwende herbeizuführen, sollten Künast und Co. sich von Psychologen beraten lassen – und nicht von Ökonomen und Statistikern wie denen von der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle, die von „Verzehrfall“ sprechen, wenn sie lustvolles Essengehen meinen. Denn gefühlte Preise sind nicht mit Statistiken zu erklären. Statistisch gesehen müsste man Verbrauchern raten: Heizt mehr und esst weniger im Restaurant, dann sinken eure Lebenshaltungskosten. Ein unsinniger Tipp zu Beginn des Sommers.

Ein Psychologe würde andere Ratschläge geben. Erstens: Viele Beschwerdestellen einrichten – denn vielen Menschen geht es gleich besser, wenn sie irgendwo ihren Zorn ablassen können. Auch gefühlten Hitzewallungen kann man mit kaltem Duschen Abhilfe schaffen. Zweitens: Feilschen! Seit fast einem Jahr ist das Rabattverbot aufgehoben. Warum nutzen so wenige Deutsche diese Chance? Auch wenn der Wirt, Bäcker oder Obsthändler letztlich nur wenig Nachlass gewährt – man hat das gute Gefühl: Wir tun was. KATHARINA KOUFEN