Trotz Trauscheins keine Eintrittskarte

Die Verschärfung des Ausländerrechts ist im dänischen Parlament so gut wie abgesegnet. Die Zahl der Asylsuchenden hat sich seit Jahresanfang halbiert. Jetzt will Kopenhagen sein „Erfolgsmodell“ auch dem Rest der EU antragen

KOPENHAGEN taz ■ Die einheimische Kritik änderte ebensowenig wie die aus dem Ausland. Ihre Pläne zur Verschärfung des Ausländerrechts hat Dänemarks Regierung im Parlament eingebracht – die Verabschiedung ist Formsache. Künftig wird es ein Zweiklassenrecht im Sozialsystem geben. In die erste Liga mit allen sozialen Rechten können AusländerInnen frühestens nach sieben Jahren aufrücken. Bis dahin gibt es gekürzte Sozialhilfe und Wohngeld sowie einen Minimalschutz bei der Gesundheitsversorgung.

Auch sonst werden AusländerInnen diese sieben Jahre zweitklassig behandelt. Eine endgültige Aufenthaltserlaubnis gibt es frühestens nach dieser Zeit, und der Erwerb der dänischen Staatsangehörigkeit erfordert Prüfungen in Sprache, Geschichte und Kultur plus ein Loyalitätsgelübde auf die neue Heimat.

In Zukunft können nur noch Personen mit Asyl rechnen, die unter den Flüchtlingsbegriff der UN-Flüchtlingskonvention fallen – keine „De-facto-Flüchtlinge“ mehr. Ehen mit einem Ausländer führen nur zu einem Zuzugsrecht, wenn dieser 24 Jahre alt ist. Außer einer geeigneten Wohnung müssen auch 50.000 Kronen (knapp 7.000 Euro) Bankguthaben vorhanden sind. Gerade diese Regelung hat kuriose Auswirkungen, weil sie für alle AusländerInnen gilt und für alle Nicht-EU-BürgerInnen ein Aufenthaltsverbot beinhalten kann.

Eine Selbsthilfegruppe vermittelt Wohnungen im schwedischen Malmö, wo ein Däne und seine Frau aus den USA zusammen bis zum 24. Geburtstag werden leben können. Eine „Kafka-Situation“ nennen das schwedische und norwegische Zeitungen, die Fälle von Eheparen recherchiert haben, denen trotz offener nordischer Grenzen und zwischenstaatlicher Abkommen zugemutet werden soll, jahrelang getrennt zu leben.

In einem Brief an Dänemarks Sozialministerin Henriette Kjaer kritisierten die schwedische Integrationsministerin Mona Sahlin, die belgische Arbeitsmarktministerin Laurette Onkelinx und ihre französische Kollegin Elisabeth Guigou die neuen Forderungen, die „Familienzusammenführung zu begrenzen, einschließlich des Rechts von Ausländern, zu heiraten und sozialen Schutz zu erhalten“.

Die Kritik prallte ab. Das hat Methode. Vor allem zwischen Dänemark und Schweden ist ein Schlagabtausch im Gange. Die liberale schwedische „Volkspartei“ suchte die Debatte mit der dänischen „Venstre“ von Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen. Nachdem alle kritischen Fragen als „Einmischung“ oder „Unwissenheit“ zurückgewiesen wurden, erklärten die schwedischen Liberalen den Abbruch aller internationalen Kontakte zur Schwesterpartei, die – auch in Schweden wird im September gewählt – zu einer Belastung im Wahlkampf zu werden droht.

Pia Kjaersgaard, Chefin der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, beschuldigte Schweden wegen seiner liberaleren Flüchtlingspolitik „den Frieden in Nordeuropa zu bedrohen, weil man sich balkanisieren lässt“. Nordeuropa könne zu einem „skandinavischen Beirut“ verkommen „mit Bandenkrieg, Blutrache und Massenvergewaltigungen“. Dänemark werde nachträglich eine Klappe in die Öresundsbrücke einbauen, um sich gegen AusländerInnen abzuschirmen. Kjaersgaard kündigte an, dass im kommenden Jahr über weitere Verschärfungen der Gesetze beraten werde.

Beim Zustrom von Asylsuchenden, hat Dänemarks Kurs bereits „Erfolg“ gezeitigt. In den ersten vier Monaten dieses Jahres halbierte sich deren Zahl, während sie sich in Schweden und Norwegen fast verdoppelte. Von der Richtigkeit dieses Kurses will Kopenhagen auch die Rest-EU überzeugen. Wichtigste Frage für die dänische Ratspräsidentschaft ab 1. Juli ist zwar die Ost-Erweiterung. Aber auf dem zweiten Platz seiner Prioritätenliste setzte Premier Rasmussen „Asyl- und Flüchtlingsfragen“. Vor wenigen Monaten undenkbar, kommentiert die Stockholmer Tageszeitung Dagens Nyheter, scheine die dänische Linie mit „der Wählerflucht zur extremen Rechten umzugehen“, mittlerweile vielen EU-PolitikerInnen nicht mehr indiskutabel. REINHARD WOLFF