Ein freundlicher Ort gegen die Angst

Geboren zu Beginn der Kohl-Ära und einer ideologischen Wende in der Familienpolitik: Seit 20 Jahren bietet das Familienplanungszentrum an der Johanniskirche neben Schwangerschaftsabbrüchen auch umfassende Beratung an

Eine Institution feierte gestern Geburtstag. Seit 20 Jahren existiert das Familienplanungszentrum (FPZ) an der Altonaer Johanniskirche. „Wir wollten einen Ort gegen die Angst schaffen“, erinnert sich die Krankenschwester Elfie Mayer, die seit Anfang an dabei ist. In den 70er Jahren waren Schwangerschaftsabbrüche für Frauen oft mit üblen Erfahrungen verbunden. Klinikärzte experimentierten mit der schmerzhaften Prostaglandine-Methode. Ambulante Abbrüche mit örtlicher Betäubung und der schonenden Absaugmethode, wie in Holland üblich, gab es kaum.

„Wir haben damals Ärzte aus den Niederlanden eingeladen, um die Methoden zu lernen“, erzählt FPZ-Ärztin Helga Seyler. Die Gründung fiel aber auch auf den Beginn der Kohl-Ära und einer ideologischen Wende der Familienpolitik. „Wir wollten eine freundliche Einrichtung sein und Beratung, Abbruch und Nachsorge unter einem Dach anbieten“, sagt Elfie Mayer.

Ein Konzept, das mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1993, das Abtreibung für gesetzeswidrig erklärte, gekippt wurde. Der § 218 wurde verschärft und schrieb eine räumliche Trennung von Beratung und Abbruch zwingend vor. Seither existiert die Beratungsstelle ein Stockwerk tiefer.

„Bei uns muss sich auch nach dem Urteil keine Frau für ihre Entscheidung rechtfertigen“, sagt Elfie Mayer. Acht von zehn Frauen hätten, wenn sie kommen, für sich schon eine Entscheidung gefällt. Was zunehme, seien Abbrüche aus materieller Not. In 2001 kamen über 1000 Frauen zur Beratung, knapp 600 ließen einen Abbruch vornehmen.

Das Zentrum begreift sich aber nicht nur als „Abtreibungsklinik“. Es bietet auch Beratung über Verhütung, Sexualität, ungewollte Kinderlosigkeit und pränatale Diagnostik. Letzteres, so Helga Seyler, werde immer wichtiger, weil durch den medizinischen Fortschritt der Druck auch auf junge Frauen, ihr ungebores Kind auf Behinderungen zu testen, immer größer werde. „Oft kommt das böse Erwachen, wenn es einen unangenehmen Befund gibt. Dann sind die Frauen mit ihrer Entscheidung ganz allein.“ Doch fehlt dem FPZ eine Kraft für diese Beratung.

Von den Sparmaßnahmen des neuen Senats blieb das FPZ verschont. Nötig wäre sogar eine Aufstockung der Kapazität. Denn laut BVG-Urteil, das eine Beraterin auf 40.000 Einwohner vorschreibt, müsste Hamburg 42 Beraterinnen haben. Es gibt aber, die kirchlichen Stellen eingerechnet, nur 24. KAIJA KUTTER