Zucken im Fußballformat

■ Hallejulia. Amen. Destiny's Child gastierten am Donnerstag in der Bremer Stadthalle

„Us Against the World“ schmetterten vier Hupfdohlen oder taten zumindest so. Das Gehupf war jedenfalls echt, fast schon Aerobic-Klasse. Laut Eintrittskarte waren das die „Friends“ von Destiny's Child.

Nach zwei Stücken kamen noch mehr Hupfdohlen, ähnlich talentiert, nur diesmal gemischtgeschlechtlich. Auch das mussten wohl Friends von Destiny's Child sein – laut Ticket zumindest. Wenn man so erfolgreich ist wie Beyoncé, Kelly und Michelle, hat man anscheinend eine Menge Freunde. Und die Binsen wissen, dass nicht viele davon bleiben, wenn man wieder ganz unten ist.

Destiny's Child sind allerdings weit davon entfernt, dies leidvoll überprüfen zu müssen. Auch wenn Halle 1 nicht ausverkauft war: Weltweit sind sie die bestverkaufende All-Girl-Band. Und übrigens bei weitem nicht die schlechteste. Aber natürlich verlässt sich in diesen Dimensionen niemand mehr auf die Musik, weil die nur ein Teil dessen ist, was ein Publikum verlangt. Das will vor allem gut unterhalten werden.

Destiny's Child tauchten – Deae Ex Machina – aus dem Bühnenboden auf, begleitet von pyrotechnischen Effekten vor drei Video-Leinwänden, auf denen zuvor die Geschichte von Destiny's Child annonciert worden war. Eingerahmt waren sie von einem knapp ein Dutzend starken Tanzensemble und der Band, die das meiste auch tatsächlich spielte.

Hits gibt es im Programm der drei Damen eine Menge, und ungefähr eine halbe Stunde aus diesem Füllhorn verging, bevor die Damen eben kurz verschwanden und sich etwas Eleganteres anzogen.

Zurück kamen sie, um Balladen zu singen, klassischerweise der Teil, in dem Sänger und Sängerinnen am liebsten und am eindrucksvollsten zeigen, was sie können. Jede einzelne der drei durfte mal ran und großes Gefühl präsentieren. Das gelang prächtig.

Die Reihenfolge hatten sie dezent auf den Auftritt von Beyoncé Knowles hin designt, die von den dreien den größten schöpferischen Anteil an der Musik hat und ihr Solo mit einer opulenten Schlusskadenz beschloss, innert derer sie effektvoll ihre beachtlichen stimmlichen Stärken ausspielte.

Am Ende des Balladenblocks gaben sie gemeinsam ihre Huldigung an den Allmächtigen zum Besten, ein Gospel-Medley, das auch auf dem jüngsten Album zu hören ist. Dann: Umziehen und hinaus zum letzten Teil, der mit dem Hit „Bootylicious“ wieder zur Party lud. Der Sound war so brillant, wie es die Stadthalle zulässt, die Show war perfekt – meine Herren, wieviel Arbeit diese ganzen Choreographien wohl sind, in denen jedes Zucken eines Gesichtsmuskels minutiös geplant ist, neunzig Minuten lang. So lang wie ein Spielfilm oder ein Fußballspiel. Offenbar die Ideallänge für eine breitenwirksame Veranstaltung.

Zum Finale – nach „Survivor“ als Zugabe in Baströckchen – gab es Konfetti und Luftballons und ein paar Fans durften auf die Bühne kommen.

Dann gingen alle nach Haus. Keine verzweifelten Rufe nach einer Zugabe, alle waren's zufrieden. Destiny's Child hatten gesagt, was zu sagen war. Halleluja. Amen.

Andreas Schnell