Irgendwas passiert immer

Brauchen Fahrradreisende besondere Versicherungen, gar mehrere? Zwei Experten geben Auskunft – und sind nicht immer der gleichen Meinung. Haftpflicht und Krankenversicherung sind ein Muss

von PAUL DA CHALET

Versicherungsfachleute verfügen über eine Menge Fantasie. Es gebe da, sagen sie, eine Vielzahl von Gefahren, die auf Mensch und Material einwirken könnten. Und wenn das Material aus Fahrrad plus Zubehör besteht, mit dem man auf Tour gehen möchte – womöglich gar ins Ausland! – , raten sie gleich zu mehreren Versicherungen. Unterwegs kann halt viel passieren.

So empfiehlt Ralf Pergande, Versicherungsmakler und Geschäftsführer der Pergande & Pöthe GmbH, zuerst einmal einen weitgehenden Schutz fürs Fahrrad. Bei der von seiner Agentur aufgelegten „Bike-ASSekuranz“ ist in der Vollkaskoversion das gute Stück unter anderem gegen Diebstahl, Unfall (auch während des Transportes) und Vandalismus versichert. Es gibt eine Selbstbeteiligung in Höhe von zehn Prozent (maximal 250 Euro), Rabatte für ADFC-Mitglieder, für schadensfreie Zeiten und bei Codierung. Außerdem wird vorgeschrieben, wie das Fahrrad zu sichern ist – ausdrückliche Erwähnung findet das Anschließen mittels eines „Sicherheits-Bügelschlosses“ oder eines „stahlummantelten Sicherheits-Stahlseilschlosses“.

Wen es aber so richtig weit in die Ferne zieht, sollte aufpassen: Der Geltungsbereich umfasst beileibe nicht alle Länder. Immerhin: Die USA sind dabei. Für Urlaubsreisen bis zu sechs Wochen kann erweitert werden, zum Beispiel auf Italien oder Spanien. Auch eine individuelle Ausweitung ist möglich. Jeweils gegen Aufpreis.

Auf Ausschlüsse achten

Für Ralf Pergande käme alternativ zur Fahrradversicherung eine Reisegepäckversicherung in Frage. Vom Anspruch her gewährt diese Ersatz bei Schäden unterschiedlicher Art an der gesamten Mitnahme – demnach auch am Fahrrad. Eine Versicherung indes, deren Sinn umstritten ist. Wolfgang A. Leidigkeit, unabhängiger Versicherungsfachmann und Fachjournalist, hält sie für verzichtbar: „In der Regel mit Ausschlüssen gespickt.“ Und wer so dumm sei, sein Rad samt Taschen unabgeschlossen und unbewacht unter freiem Himmel abzustellen, könne sowieso von keinem Reisegepäckversicherer dieser Welt auch nur einen Euro Wiedergutmachung erwarten.

Einer Meinung sind die beiden Experten hingegen in puncto Auslandsreisekrankenversicherung. Zwischen Deutschland und vielen Ländern besteht nun mal kein Sozialversicherungsabkommen, sodass sich die hiesige gesetzliche Krankenversicherung in solchen Fällen nicht zur Kasse bitten lässt. Und wenn doch, dann vielleicht nur ein wenig – weil bestimmte Leistungen hier nicht anerkannt werden. Eine Auslandsreisekrankenversicherung lässt sich auch für kurze Zeiten abschließen, gilt weltweit und beinhaltet meistens auch die Krankenrückholung.

Als dritte möchte Pergande jedem Radtouristen die Unfallversicherung mit auf den Weg geben. Auch die gilt weltweit und sieht etwa eine Auszahlung im Falle der Vollinvalidität vor (bei der Bike-ASS-Unfallversicherung: 150.000 Euro) – auch darüber muss gesprochen werden. Wolfgang A. Leidigkeit sagt zu diesem Thema: „Wichtiger wäre eine Berufsunfähigkeitsversicherung, eine der wichtigsten Versicherungen überhaupt.“ Er gibt zu bedenken, dass lediglich zehn Prozent aller Berufsunfähigkeitsfälle unfallbedingt seien. Und dass natürlich für bestimmte Heilbehandlungskosten – etwa bei Beinbruch – auch die Auslandsreisekrankenversicherung aufkommt. Sodass man sich für die Urlaubsreise mit der bescheiden könne.

Dafür liegt dem Fachmann Leidigkeit noch etwas anderes am Herzen: „Selbstverständlich sollte auch die Haftpflichtversicherung zum Pflichtprogramm gehören.“ Aber die hat doch jeder! Wirklich? Leidigkeit bezweifelt das und weist darauf hin, dass eine Privathaftpflichtversicherung die Risiken rund um den Globus abdeckt. Er rät unbedingt zu einer, die umfassend, also mehr als nur die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr versichert. Denn auch ein Fahrradfahrer könnte ja mal straucheln – sagen wir mal, in einem Nobelrestaurant in Paris – und dabei teuerste Weinkaraffen in klebrige Scherben verwandeln.

Nicht nur das Böse, auch das Ungeschick lauert halt überall. Und wenn dem Fahrradfahrer mal was zu Bruch geht oder abhanden kommt oder er gar vom Sattel fällt: Die Versicherung springt ein. Sofern man die richtige hat.