Zahltag für die Klimakiller

Der Klimawandel hat viele Verursacher. Umweltschützer wollen diese nicht nur politisch, sondern auch finanziell zur Verantwortung ziehen. Germanwatch startet „Klima-Ausbade-Kampagne“

aus Berlin ANNETTE JENSEN

Wer einen Schaden verursacht, muss dafür haften. Was jedem an einer Karambolage Beteiligten sofort einleuchtet, will Germanwatch jetzt auf die Klimaerwärmung anwenden. Unter dem Motto „Unser Klima geht baden –wer haftet?“ startet die Nichtregierungsorganisation eine Kampagne, die darauf abzielt, die Hauptverantwortlichen für den Klimawandel zur Verantwortung zu ziehen – und zwar nicht nur moralisch, sondern vor allem juristisch und finanziell.

Klimapolitik kann sich nicht auf die Senkung der CO2-Emission beschränken. Sie muss auch einen Weg suchen, wie Schäden ausgeglichen werden können, macht Campaigner Christoph Bals deutlich. So sind etwa in Nepal zehntausende Menschen von Überflutungen bedroht, weil die durchschnittliche Lufttemperatur angestiegen ist und die Gletscher im Himalaja abschmelzen. Nur eine Verstärkung von Uferböschungen kann hier Abhilfe schaffen.

Bisher existiert eine riesige Gerechtigkeitslücke zwischen Verursachern und Betroffenen. Den höchsten Preis zahlen Bewohner armer Weltregionen, die bei Stürmen und Überschwemmungen ihr gesamtes Hab und Gut und nicht selten sogar ihr Leben verlieren. Dabei tragen sie nur sehr wenig zu den Schadensursachen bei. Genau umgekehrt verhält es sich bisher mit denjenigen, die vom American Way of Life profitieren. Dazu zählen nicht ausschließlich die BewohnerInnen des Nordens. „Ein Riss geht durch jede Gesellschaft“, so Bals. Auch in Indien gebe es inzwischen rund 100 Millionen Menschen, die ein ähnliches Lebensstilniveau haben wie der deutsche Durchschnittsbürger. Eine Elite Ugandas reist zum Shoppen nach London.

„Wer wie viel zum Klimawandel beiträgt und beigetragen hat, lässt sich feststellen“, so die Völkerrechtlerin und Umweltjuristin Roda Verheyen. Nach der Konferenz von Rio sind schließlich relativ exakte Statistiken zum CO2-Ausstoß erarbeitet worden. Verheyen hält deshalb Klagen vor dem Internationalen Gerichtshof auf Wiedergutmachung für nicht ausgeschlossen. Eine erste Absichtserklärung hat es bereits gegeben: Vom Regierungschef der Insel Tuvalu.

Auch die großen Konzerne könnten analog zur US-amerikanischen Tabakindustrie ins Visier der Geschädigten kommen. Im US-Rechtssystem beispielsweise seien solche Prozesse nicht aussichtslos, so Verheyen.

Um derartigen Klagen vorzubeugen, könnten auch Fonds- oder Versicherungslösungen gesucht werden, schlägt Germanwatch vor. Die Beitragshöhe sollte sich nach den ausgestoßenen Mengen an Klimagas richten – eine Idee, die auch der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderung unterstützt. Ausgeglichen werden könnten damit nicht nur bereits entstandene Schäden. Das Instrument bietet einen Anreiz zur Vorsorge, um künftige Versicherungsprämien möglichst niedrig zu halten.

Die Klima-Ausbade-Kampagne versteht sich als Suchprozess, der auf drei Jahre angelegt ist. Dabei soll es nicht nur um hartes Kongressbrot, sondern auch um Ideenfindung gehen. So schlüpften Gäste der Auftaktveranstaltung im Berliner Haus der GTZ am Freitag in die Rollen klimarelevanter Einflussgrößen: George W. Bush diskutierte mit einer absaufenden Insel, einem Boeing-Manager und Dagobert Duck. Später setzte sich Uschi Eid, parlamentarische Staatssekretärin aus dem Entwicklungshilfeministerium, in eine am Potsdamer Platz aufgestellte Blechwanne – Symbol dafür, dass der Süden das Klimaproblem nicht allein ausbaden soll. Die Wanne wird in den nächsten Wochen von einer Klimakarawane mittransportiert, die in Hamburg (7./8. Juni), Bonn (9./10. Juni), Gelsenkirchen (3. Juli), Münster (4. Juli) und Herdecke (6./7. Juli) Station macht.