fernöstlicher diwan
: Tag der Umwelt – kein Tag für Deutschland

Wo ist Gerd Restmüller?

Heute ist „Tag der Umwelt“ – und da Sepp Blatter nicht nur an sein eigenes Wohl, sondern an unser aller Bereicherung denkt, steht bei der WM an diesem Tag ökologischerweise das große Natur-Duell auf dem Spielplan: Rot-Grün Deutschland spielt gegen die Mannschaft von der Grünen Insel. Und auf dieser Metapher wird jetzt erst mal rumgeritten, bis der Klepper zusammenbricht. Ich wage also kühnast zu prophezeien: Aus deutscher Sicht wird das heute kein so umweltsendes Spiel wie am Samstag. Völlers grüne Jungs sind vielleicht der Altpapierform nach Favorit. Sie werden aber keinen juten Kick hinlegen, sondern eher spielen wie eine Pfandflasche leer. Da ist maximal ein grüner Punkt drin, sodass sie danach zu den bedrohten Arten gehören und deshalb bald nach Hause entsorgt werden. Natürlich umweltgerecht, mit einem blauen Engel (und zwei blauen Augen). Es sei denn, sie finden noch einen Gerd Restmüller, der das Ding irgendwie in die grüne

OLIVER T. DOMZALSKIS WM

Mein Spieler: Patrick Kluivert –weil er während der WM keine einzige Torchance vergeben wird.

Mein Team: Italien – obwohl die Attraktivität der Spieler umgekehrt proportional zu der des Spiels ist.

Mein Weltmeister: Tunesien – weil mir das beim Oddset eine Quote von 130:1 bringt.

Tonne kloppt. Denn der materialsparend gebaute 3-Liter-Stürmer Klose wird es gegen die ruppigen keltischen Müllmänner schwer haben, die Kötteleien der desorientierten linken Ziege hinter die Torlinie werden, anders als am Samstag, die gesamte Herde nahe an den Abgrund führen – und über Janckers und Bierhoffs Fähigkeiten schweigen wir besser. Kein böses Wort über ausgestorbene Echsenarten!

Na ja, doch so viel: Das Spiel am Samstag war ja, auf Basketball-Verhältnisse übertragen, so was wie Alba Berlin gegen die E-Jugend des BBC Liliput, und Jancker sah nur deshalb gut aus, weil der saudische Strafraum ihm für seine Stolpereien eine Ökonische ohne natürliche Feinde bot: Alle anwesenden Verteidiger fielen, wenn er ihr Revier betrat, entweder in eine Art Tarnstarre oder einfach um. Abgesehen davon war das 8:0 unter Umweltgesichtspunkten ambivalent. Einerseits könnte natürlich ein besonders raffinierter Plan der Grünen hinter der Klatsche stecken, die Rudis Rest-Deutsche den stolzen Scheichs und ihren Spielzeugmännchen verpassten: Vorsätzliche Demütigung der Saudis –> Erdölembargo gegen Deutschland –> Benzinpreis bei 3 Euro –> Autoverkehr und Schadstoffausstoß halbiert –> Rücknahme der Ökosteuer möglich –> Wahlsieg sicher.

Andererseits wäre ein Einstellen der Kampfhandlungen nach dem 3:0 allemal energiesparender gewesen. All jenen, die Deutschland nach dem 8:0 mindestens schon als Finalist sehen, sei jubelnd zugerufen: Genau! Weltmeister! Wie 1978 nach dem 6:0 gegen Mexiko! Und Jugoslawien schlug schließlich 1974 Zaire sogar mit 9:0 – und wurde danach bekanntlich auch Weltmeister. Und wer erinnert sich nicht mehr an Russlands WM-Triumph nach dem berauschenden 6:0 gegen Ungarn 1986. Und an den legendären Finalsieg ebendieser Ungarn 1982 – nach ihrem 10:1 gegen El Salvador. Und erst Spaniens zwei WM-Titel: 1986 nach dem tollen 5:1 gegen Dänemark (das beim selben Turnier nach einem 6:1 gegen Uruguay ja zuvor selbst Weltmeister wurde) und 1998 mit dem Schwung des triumphalen 6:1 gegen den Geheimfavoriten Bulgarien. (Für Vergessliche: Keiner der genannten Kantersieger kam auch nur unter die ersten vier).

Das 1:1 zwischen Irland und Kamerun war im Übrigen auch kein Wunschergebnis, wie vielfach behauptet, sondern das schiere Gegenteil: Nun sind beide kommenden Gegner gezwungen, das Siegpotenzial, das sie gegen Deutschland haben, auch auszuschöpfen, um sicher ins Achtelfinale zu kommen. Also: Tschüs, Deutschland! Kein ehrenvolles Achtelfinal-Aus gegen Paraguay, sondern mit 3 Punkten und 8:4 Toren ab nach Hause. Liest da jemand eine gewisse Häme heraus? Richtig gelesen. Ich bin gegen Deutschland. Schon immer. Was es damit auf sich hat, erkläre ich aber ein andermal.

OLIVER THOMAS DOMZALSKI