taz fragt: Wie wollen Sie leben?
: Die ganze Welt als neue Heimat

Weltstaat oder „Small is beautiful“? Von 19 bis 21 Uhr diskutieren Susan George und Nicola Bullard über Globalisierung

Das Thema Globalisierung ist wieder in der Diskussion. Selbst SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder lässt kaum eine Gelegenheit aus, sich damit zu befassen. Die öffentliche Debatte ist im Gange, und es ist der richtige Zeitpunkt für die Abschlussveranstaltung des taz-kongresses on tour in Berlin. Titel: „Boykott oder Transformation – die Vision der Globalisierungskritiker“.

Waren die linken Globalisierungskritiker von Attac & Co vor einem Jahr noch in der Offensive, hat die Unterstützung durch die Öffentlichkeit für ihr Anliegen inzwischen nachgelassen. Das ist wesentlich auf das Erstarken der rechten Parteien – unter anderem in Frankreich und den Niederlanden – zurückzuführen: Wenn der Kanzler über die „politische Gestaltung der Globalisierung“ spricht, treibt ihn vor allem die Angst, Rassisten und Nationalisten könnten aus diesem komplexen Thema Honig saugen.

Schröder ist davon überzeugt, dass ein weit verbreitetes Gefühl der Heimatlosigkeit in eine neue Kritik an der Globalisierung rechter Provenienz mündet. Deshalb ist das Thema wichtig für ihn – nicht weil Attac so viele neue Mitglieder gewinnt oder er die von links geforderte Regulierung der internationalen Finanzmärkte für eine gute Idee hielte.

Die Globalisierungskritiker von links haben den ersten Höhepunkt ihrer Geschichte hinter sich. Ob ihr Einfluss weiter wachsen kann, hängt nicht zuletzt davon ab, wie sie an die Sorgen der Bevölkerung anknüpfen. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Debatte über die Vision einer anderen Globalisierung, die augenblicklich zwischen den verschiedenen Organisationen läuft.

Bei der taz-Veranstaltung wird Susan George von Attac Frankreich dafür plädieren, das politische Handeln im Weltmaßstab ernst zu nehmen und die großen internationalen Organisationen wie die Weltbank zu demokratisieren. Dieser Ansatz läuft auf die Etablierung einer Art Weltregierung und die weitere Aufhebung nationaler Souveränität hinaus.

Ein alternatives Modell, das Nicola Bullard vom Think Tank „Focus on the Global South“ formulieren wird, betont dagegen eher den Bezug auf den Nationalstaat und die jeweilige geografische Weltregion. Diese Variante könnte eher geeignet sein, dem verbreiteten Gefühl von Heimatlosigkeit und Unsicherheit entgegenzuwirken.

Mit einer Entscheidung für eine der beiden Strategien ist freilich nicht zu rechnen – wie immer in der globalisierungskritischen Bewegung wird man zu einem Konsens kommen, der beide Optionen zulässt.

HANNES KOCH