Den Ball halten

Im Streit um den Anteil am Springer Verlag, hat Leo Kirch eine Gnadenfrist bekommen. Ob es ihm gelingt, die Aktien zu verkaufen und den Kredit an die Deutsche Bank zurückzuzahlen, bleibt fraglich

aus München OLIVER HINZ

Der erste Prozess von Leo Kirch gegen die Deutsche Bank endete mit einem Unentschieden. Der abgetakelte Medienmogul bekam von seiner Gläubigerbank, die längst zum Intimfeind geworden ist, eine letzte fast drei Monate lange Gnadenfrist zur Rückzahlung ihres 720-Millionen-Euro-Kredits. Der ist durch Kirchs 40-prozentige Springer-Beteiligung gesichert. Zahlt Kirch nicht, darf die Deutsche Bank ab dem 31. August pfänden. Die öffentliche Schlammschlacht droht also erst später – beim Schadenersatzprozess.

Weder der 75 Jahre alte Kirch noch Deutsche-Bank-Prominenz kamen zu der Verhandlung der Handelskammer des Münchner Landgerichts. Nur Kirchs rechte Hand, Dieter Hahn, tauchte auf, verschwand aber in einer Sitzungspause wieder, angeblich wegen eines anderen Termins.

Es zog sich, bis der Vergleich am Donnerstagabend um 19.22 Uhr geschlossen war. Das Gericht hatte ihn zwar schon um 16 Uhr vorgeschlagen und gab den Parteien eine Viertelstunde Zeit für Rücksprachen. Doch bis die Banker endlich zustimmten, vergingen drei Stunden.

Ursprünglich wollte die Deutsche Bank Kirchs knapp 14 Millionen Springer-Aktien sofort pfänden, weil er im Mai seinen vier Jahre alten Kredit nicht tilgen konnte. Kirch stritt das Pfandrecht ab und wollte beim Landgericht eine einstweilige Anordnung gegen das Geldhaus durchsetzen, um die Aktien mindestens bis zum 11. September zu behalten. Antragsteller war Kirchs Printbeteiligungsgesellschaft, die anders als die KirchMedia noch keinen Insolvenzantrag gestellt hat.

Mit dem Vergleich haben beide Seiten „ihr Gesicht wahren können“, meinte Richter Rapl. Nun darf Kirch für die Springer-Aktien mit einem aktuellen Börsenwert von 800 Millionen Euro weiter einen Käufer suchen. „Ich glaube, dass Herr Kirch einen höheren Preis erzielen kann“, sagte der Anwalt der Deutschen Bank, Peter Heckel. Dann müsse der Medienmogul seinen Mandanten bar auszahlen. Ob ihm dies allerdings gelingt, ist weiterhin fraglich, denn Springer besteht auf der Vinkulierung der Aktien. Der Verlag muss also jedem Aktienverkauf zustimmen, was den Wert des Pakets nicht gerade steigert. Immerhin werden potenzielle Investoren, zu denen auch die umstrittenen „Cobra“-Finanzgruppe gehört, nun nicht mehr durch den laufenden Rechtsstreit um das Pfandrecht abgeschreckt. Seit April hatte Kirch mit der Commerzbank vergeblich einen Käufer gesucht.

Kirchs Anwalt, der CSU-Politiker Peter Gauweiler, freute sich sichtlich über den Vergleich: „Kirch kann wieder über seine Aktien verfügen.“ Investoren hätten nun die einmalige Chance, den ganzen 40-Prozent-Anteil zu erwerben, erklärte sein Kollege. Eine Chance, die Springer freilich zunichte machen kann. Investoren mit strategischem Interesse wie die WAZ-Gruppe, die sich vor einigen Wochen ins Gespräch brachte, dürften kaum den Segen von Matriarchin Friede Springer erhalten.

So ganz zufrieden dürfte Springer dennoch nicht sein. Die Deutsche Bank hatte nämlich geplant, die Aktien im Herbst breit gestreut an die Börse zu bringen – ein Weg, der Friede Springer und Vorstand Mathias Döpfner sicher besser gefallen hätte. Der Vergleich erlaubt der Bank, dies weiter vorzubereiten.

Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zur Platzierung des Pakets hat die Bank bereits diese Woche überwunden. Bayerische Landesbank, JP Morgan und Lehman Brothers stimmten der Verwertung der Springer-Anteile zu. Auch ihr Kredit über 1,6 Milliarden Dollar für den Einstieg der KirchGruppe bei der Formel 1 war durch das Springer-Paket gesichert – allerdings nachrangig.

Kirch sinnt nun dem zweiten Prozess gegen die Deutsche Bank entgegen. Er verklagte Rolf Breuer, der ihm Anfang Februar als damaliger Vorstandschef in einem Interview die Kreditwürdigkeit absprach, auf Schadenersatz. „Die Klage hat keinerlei Erfolgschancen“, meint Bankenanwalt Heckel. In dem Vergleich wurde extra mit aufgenommen, dass dadurch dieses Verfahren „weder positiv noch negativ präjudiziert“ wird.

Leo Kirchs Sohn Thomas macht bereits jetzt Kasse. Nach wochenlangen Querelen verkauften er und Georg Kofler alle Anteile an der TV-Shoppingsender-Holding Hot Networks an den US-Medienmanager Barry Diller. Diller besaß bereits 46 Prozent an der Münchner Gesellschaft. Zum Kaufpreis konnte ein Sprecher keine Angaben machen. Kofler, der derzeit als Geschäftsführer um die Rettung des angeschlagenen Kirch-Pay-TV-Senders Premiere kämpft, und Thomas Kirch hatten schon länger nach einem Käufer für ihre Anteile von jeweils knapp 27 Prozent an Hot gesucht.