fernöstlicher diwan
: Die hohe Kunst des Fußball-Expertentums

Verzapfter Schafscheiß

Gibt es das Wort „Schafscheiß“ bei euch da oben? Bei uns da herunten im Süden ist „Schafscheiß“ erstens die Bezeichnung für das, was das Schaf unter sich lässt und zweitens im allgemeinen Parteiverkehr das Kürzel für „komplett Unwertes“. Von minderer Qualität. Bedeutungs-, niveau- und inhaltslos. „Schafscheiß“ wird bei uns im Süden so verwendet, wie der Amerikaner „Bullshit“ sagt.

Im vorliegenden Falle passt aber „Schafscheiß“ besser, denn es dreht sich beispielhaft um einen Menschen aus dem Süden: Jürgen Klinsmann. Der steht im ZDF herum und sagt Sachen zur laufenden WM. Die sind mal mehr oder weniger bedeutsam – aber das sei ihm und allen den Moderatoren beigestellten „Fachleuten“ verziehen. Das müssen sie nicht unbedingt können. Aber! Ein Foul zu erkennen, wenn es vor ihren Augen stattfindet – das sollte man einem Exnationalspieler zutrauen können. Ich meine, zu was hat man sie sonst?

ALBERT HEFELES WMMein Spieler: Ortega, weil er mühelos mit der Hacke weiterleiten könnte, aber was Besseres zu tun hat.Mein Team: Die Iren. Ich mag solche wild entschlossenen Zappelphilippe, die nicht im Traum daran denken, den Ball mit der Hacke weiterzuleiten.Mein Weltmeister: Eine Mannschaft, in der Spanisch gesprochen wird und in der jeder den Ball mit der Hacke weiterleiten kann.

Weiter im Beispiel. Kurz vor der Halbzeit des Spieles England – Argentinien, stellte der Argentino Pochettino dem englischen Stürmer Owen im Strafraum ein Bein. Obwohl es zwei Zeitlupen gab, zweifelte schon der Kommentator vor Ort, dessen Namen mir, Gott sei Dank!, entfallen ist, an der Berechtigung dieses Strafstoßes. Obwohl er Zeit und Muse hatte, das klarste Foul, das jemals in einem Strafraum auf Gottes Erdboden begangen wurde, zu betrachten: „Na, ich weiß nicht.“ Ein Strafstoß, den die Argentinier nicht reklamierten! Weil dem blödesten und blindesten und von noch so viel Patriotismus eingetrübten Auge klar war: Da ist nichts zu machen.

Unser Kommentator: „Na, ich weiß nicht.“ Das ist die gleiche Spezies, die sich bei jedem Zuspiel mit der Hacke ins Hemd macht. „Mit der Hacke wunderschön weitergeleitet.“ Brasilianisch. Blödsinn. Soll das für einen Profi ein Kunststück sein, einen Ball mit der Hacke weiterzuleiten? Das kann ich auch! Ich könnte Sachen erzählen – alles mit der Hacke. Aber das ist eine völlig andere Geschichte. Bleiben wir bei unserem Kommentator, der ein Foul nicht sieht, selbst wenn er daneben auf dem Rasen liegend würde. Es kommt aber noch viel, viel schlimmer. Denn bei ihm – unserem Kommentator – könnte man wenigstens einwenden: „Der hat sicher noch nie einen Ball am Fuß gehabt“ – „nie das Grün mit dem Stollenschuh gepflügt.“ Wie unsereins. Damit wäre einiges geklärt. Aber! Nicht nur unser Kommentator hat mordsmäßige Tomaten auf den Augen – auch der ehemalige gar nicht mal so schlechte Nationalmannschaftsstürmer Klinsmann braucht eine Brille für seine mindestes acht Dioptrien! Der nämlich legte sich , klinsmännisch geckernd fest: „Ich würde sagen, das war keiner …“ Ein Elfmeter nämlich. Da bleibt einem nur noch das Maul offen. Jahrzehntelang Fußball gespielt und sieht nicht, dass das ein Foul war. Das ist, wie wenn der Schreinermeister zum gerade auseinander fallenden Schrank brummen würde: „Immerhin, er ist schön im Winkel.“

Und Klinsi ist beileibe nicht der einzige Ehemalige, der dem Geschehen verblüffend ratlos gegenübersteht. Siehe auch Breitner, Paul. Redet denselben Mist wie mein Schwager, der nicht mal ahnt, wie eine Turnhose von innen aussieht. Von Beckenbauer gar nicht zu reden. Obwohl der mittlerweile aus anderen Sphären zu uns spricht. Papstähnlich. Und dort ist es bekanntlich erlaubt bzw. Pflicht, „Schafscheiß“ zu verzapfen. Wie man das bei uns herunten nennt. ALBERT HEFELE