Tödliches Attentat

Vizepolizeichef Serbiens in Belgrad erschossen. Täter könnte aus dem Milieu der Zigarettenmafia stammen

BELGRAD taz ■ Nichts ahnend ging der serbische Polizeigeneral Bosko Buha über die beliebte Belgrader Promenade an der Donau zum bewachten Parkplatz beim Hotel „Jugoslavija“. Als Buha die Autotür öffnen wollte, schlich sich ein noch unbekannter Täter an ihn heran und schoß aus einer Schnellfeuerwaffe aus unmittelbarer Nähe auf den Vizepolizeichef Serbiens. Kurz danach erlag Buha seinen Verletzungen.

Die Nachricht vom Mord in der Nacht zu Montag schlug in Belgrad wie eine Bombe ein. Denn der Anschlag trägt die gleiche Handschrift wie dutzende von bisher ungeklärten Mordfällen aus der Machtära von Slobodan Milošević. In ähnlicher Manier waren 1997 Serbiens Vizeinnenminister Radovan Stojćić, 2000 der jugoslawische Verteidigungsminister Pavle Bulatović und der Journalist Slavko Curuvija getötet worden.

Vor der Wende im Oktober 2000 war Bosko Buha Kommandeur einer schwer bewaffneten Sondereinheit der Polizei, die gegen Massendemonstrationen eingesetzt wurde. Während des Volksaufstandes gegen Milošević verweigerte er den Befehl, auf Demonstranten zu schießen, und wurde von den neuen Machthabern als Polizeichef Belgrads und danach als stellvertretender Polizeichef Serbiens eingesetzt. „Die Ermordung eines Polizeigenerals zeigt, dass sich an der Sicherheitslage in Serbien nach der Wende wenig geändert hat“, sagt Marko Nicović, Anwalt und ehemaliger Polizeichef Belgrads. In der „Grauzone“ lebten Menschen, die so mächtig seien, um „den Staat herauszufordern“.

Kritiker der serbischen Regierung warfen Premier Zoran Djindjić oft vor, nichts gegen das organisierte Verbrechen getan zu haben. Hinter vorgehaltener Hand erzählt man, die Ermordung des Polizeigenerals sei eine Warnung gewesen. Denn seit kurzem hat Djindjić der Zigarettenmafia den Kampf angesagt, und es ist der Polizei gelungen, mehrere Schmuggelwege zu durchkreuzen. Auf Anweisung der EU wurden beschlagnahmte Zigaretten im Wert von Millionen in Serbien öffentlich verbrannt. Inoffiziell erfährt man, dass die Mörder des Polizeigenerals am ehesten bei der Zigarettenmafia zu suchen sind und die Wege nach Montenegro führen. Der Staatsanwalt der italienischen Küstenstadt Bari beschuldigte unlängst den Präsidenten Montenegros, Milo Djukanović, der italienischen Mafia den Zigarettenschmuggel nach Europa über Montenegro ermöglicht zu haben. ANDREJ IVANJI