Von Schuld und anderen Albträumen

Karge Sprache, melancholische Beziehungen: Bei den Autorentheatertagen am Thalia-Theater werden Daniel Mursas „Maisch/Bayeux“ und Carsten Brandaus „Wir tragen Schaufeln um den Hals“ in szenischen Lesungen präsentiert

Bei den Hamburger Autorentheatertagen am Thalia Theater dreht sich zwei Wochen lang eigentlich alles um den Autor. Aber auch die Inszenierungsvarianten sollen nicht zu kurz kommen. Für die Nachwuchsregisseure eine Herausforderung. „Es geht um eine sehr direkte Begegnung. Regisseure und Schauspieler nähern sich crashkursartig in nur zehn Tagen den Texten“, so Koordinator und Chefdramaturg John von Düffel.

Da Jurorin Christine Dössel sich bei ihrer Auswahl aber nicht auf drei Stücke beschränken mochte, die personellen Kapazitäten des Hauses aber irgendwann erschöpft sind, werden neben den drei Werkstattinszenierungen zwei weitere Stücke als szenische Lesungen präsentiert. Maisch/ Bayeux von Daniel Mursa und Wir tragen Schaufeln um den Hals von Carsten Brandau.

Maisch/ Bayeux ist ein Ehedrama. Es erzählt die Geschichte der Eheleute Maisch und Olz, die ein Haus am Meer bewohnen. Manchmal kommt Maischs Schwester Barbara zu Besuch. Immer wieder stört ein mysteriöses kleines Mädchen die Stille. Sichtbar ist sie nur für die Eheleute. Ob Rosa deren verlorene Tochter ist, bleibt offen. In Gleichgültigkeit erstarrt, leben die beiden Alten im Gestern, in der Erinnerung an einen früheren Familienurlaub im Badeort Bayeux. Die Sprache Mursas hat eine sanfte Lakonie.

Maisch/ Bayeux ist das erste Theaterstück des 21-jährigen Daniel Mursa, das in diesem Jahr bereits den Förderpreis des Deutschen Schauspielhauses erhielt. Kai Ohrem wird die Lesung szenisch mit Maren Eggert, Clemens Dönicke und Sylvia Schwarz aufbereiten.

Auch Carsten Brandaus Wir tragen Schaufeln um den Hals ist ein Beziehungsdrama. Sehr anrührend schildert es eine Sandkastenliebe. Beim gemeinsamen Spiel erschaffen sich Paula und Tatta ihre eigene Welt. Welt und Sprache der Erwachsenen lehnen sie ab. Brandau findet sehr artistische, fast dadaistische Formulierungen für seine beiden Figuren. Dazu passen auch die roten Schaufeln, die sich Paula und Tatta um den Hals hängen. Doch was als zarte Liebe begann, endet in einem Albtraum. In der Regie von Andrea Udl lesen Natali Seelig, Asad Schwarz-Msesilamba und Michael Altmann.

Der 30-jährige gebürtige Hamburger Carsten Brandau hat bereits diverse Regieassistenzen und Schauspielengagements hinter sich. Zur Zeit ist er Regieassistent am Schauspiel Dortmund. Er hat bereits mehrere eigene Texte veröffentlicht, die zum Teil mit Stipendien und Preisen dekoriert wurden. Beide Texte zeigen eine beachtliche sprachliche Dichte und ein starkes Formbewusstsein. Wahrscheinlich brauchen sie die Form der Aufführung gar nicht, um den Zuhörer gefangen zu nehmen. Annette Stiekele

Zwei Werkstattlesungen: Maisch/ Bayeux sowie Wir tragen Schaufeln um den Hals, Freitag, 14. Juni, Thalia in der Gaußstraße, 20 Uhr