Gegockel um Schöne Aussicht

Kronzeuge im Korruptionsverfahren gegen Oberbaudirektor Egbert Kossak und Kai Wünsche sagt aus. Er will Umschlag mit 200.000 Mark Schmiergeld gesehen haben

Eigentlich wollte Staranwalt Gerhard Strate im Verfahren wegen Korruption gegen Ex-Oberbaudirektor Egbert Kossak und Baumogul Kai Wünsche nicht dabei sein. Er befürchtete einen „Hahnenkampf“ mit den Promi-Verteidigern Otmar Kury und Johann Schwenn. In letzter Minute entschied er sich dann doch, den Hauptzeugen Arnold Lengenhager als Zeugenbeistand zu begleiten. Auch ohne sein Zutun war das Verteidiger-Gegockel gegen den Kronzeugen groß.

Seit 2. Mai verhandelt das Landgericht Hamburg den Fall: Bauunternehmer Wünsche soll Kossak in seinem Büro in der Stadtentwicklungsbehörde (Steb) am 18. September 1997 in einem Kuvert 200.000 Mark überreicht haben, als Belohnung, dass er das 15 Millionen Mark teure Grundstück Schöne Aussichten 28/30 entgegen den Bauvorschriften nach seinen Wünschen bebauen konnte.

Während an den bisherigen eher öden Prozesstagen Behördenmitarbeiter vernommen wurden, kam nun mit Lengenhager Dramatik auf. Der Architekt war damals Geschäftsführer in Wünsches Immobilienfirma IKH und Zeuge der Geldübergabe.

„Ein solchen Spiel muss sich das Gericht nicht gefallen lassen“, bölkt Kury, als Lengenhager mit Strate im Saal erscheint. Strate hatte bereits 1998 für einen Anwohner einen Strafantrag formuliert und zuvor Lengenhager als Zeugen ausfindig gemacht. „Das lässt das Gesetz nicht zu“, faucht auch Schwenn, der Strate als mutmaßlichen Zeugen aus dem Saal werfen möchte. Doch Richter Peter Wölber lehnt ab.

Aber auch während der Vermehmung lässt das Promigespann keine Möglichkeit aus, Lengenhager zu attackieren: Als der, befragt zu Intimitäten zwischen Wünsche und seinem Lover und IKH-mit-Geschäftsführer, anregt, die Öffentlichkeit auszuschließen, werfen Schwenn und Kury dem Architekten „Missbrauch“ vor. „Derartige Nötigungsversuche müssen unterbunden werden“, schnauzen sie Wölber an.

Erst langsam kommt man zum Kern –der Bebauung des Filetstücks Schöne Aussichten 28/30 an der Alster: „Der Bebauungsplan lässt das nicht zu“, habe er damals sofort erkannt. Deshalb hätten er und Wünsche Kossak aufgesucht. In dem Gespräch habe er angeregt, die Zustimmung der Nachbarn einzuholen, doch Kossak habe geantwortet: „Das setz‘ ich anders durch.“ Bei einem weiteren Treffen in der Steb habe ihm dann Wünsche einen Briefumschlag mit 200.000 Mark für Kossak in die Hand gedrückt. „Ich war so konsterniert, dass Herr Wünsche den Umschlag wieder einsteckte“, berichtet Lengenhager. Als er sich auf die Frage nach der Größe des brauen Umschlages irrt und sich korrigieren muss, schlägt wieder die Rhetorikstunde der Anwälte. „Schon wieder eine neben den ganzen anderen Lügen, die wir heute schon gehört haben“, wettert Schwenn. „Ruhig jetzt“, schreit Wölber, „Herr Schwenn neigt dazu, die Sachebene zu verlassen“. Die Vernehmung wird unterbrochen und auf den 30. Juli vertagt. Dann geht es um die Schmiergeld-Übergabe. Magda Schneider