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h.g. hollein Homunkulus

Die Frau, mit der ich lebe, hat es gut. Sie hat mich. Jedenfalls vernehme ich im Bekannten- und Freundeskreis immer mal wieder Bekundungen, die auf einen Kausalnexus zwischen diesen beiden Aussagesätzen schließen lassen. Das Ohr der Gefährtin hingegen ist für diesen subtilen Frequenzbereich seltsam unempfänglich, wenn nicht gar radikal verschlossen. Mir will sogar scheinen, dass sie mich in einer größenwahnsinnigen Verdrängung der historischen Abläufe für ihr Geschöpf hält.

Gut, sie hat mich nach ein paar Wochen scheinbar vorbehaltlosen Anhimmelns heimtückisch zu ihrem Frisör gelockt – „ein bisschen aufstylen, ja“ – und kurz darauf in einem unbewachten Moment meinen Lieblinsgsringelpulli entsorgt. Und sie hat mich dazu abgerichtet, eine Tüte Gummibären nicht mehr sofort bis zum Anschlag aufzuessen. Kurzum, mein sozial kompatibles Persönlichkeitsprofil und urbanes Erscheinungsbild sind allein Werk der Gefährtin. Danach war die Woche der Schöpferin dann allerdings bald rum. Und das nachhaltig. Heute zählt vor allem meine Tragkraft. Wie sonst wäre es zu erklären dass mich statt Dank nach einer längeren Einholtour in Sachen Kosmetika lediglich die gelangweilte Frage erwartet: „War deine Hose eigentlich schon auf, als du aus dem Haus gegangen bist?“ Andererseits scheint es, als melde sich der Formungswille der Gefährtin seit Geraumem zurück, etwa in jenem skeptischen „Hm...“, mit dem sie mein Ganzkörperprofil beim morgendlichen Einstieg in die Boxershorts zu kommentieren pflegt. Ich fürchte, mein Life Coach tüftelt an einem umfassenden Body Relaunch.

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