Sommerfluchten

Von Hochzeiten und Liebesbriefen, mal mit, mal ohne Happy End. Und von Klassik und Kletzmer und Kammerphilharmonie. Das war Picknicken zum Sommer in Lesmona bei allerprächtigstem Wetter, allerbester Musik und lecker gefüllten Kühltaschen

Irgendwie hatte es beinahe so was wie Fluchtcharakter: Karawanen aus dem Umland, die Holzkarren hinter sich herzogen, Knoops Park besetzten und fortgesetzt Klappstühle ins Grüne schleppten. Kühltaschen und Regenschirme dabei allzeit griffbereit.

Eine Samstagnachmittagflucht war das. Raus aus der Stadt, rein in die Romantik vom „Sommer in Lesmona“, um dort so öffentlich wie möglich Picknickfreuden und Musikgenuss zu zelebrieren. Am Samstag herrschte so traumhaft schönes, Lesmona-Sommer-Wetter, dass Regenschirm und Gummmistiefel getrost hätten zuhause bleiben können.

Umso mehr galt es die schönsten Sonnenflecken mit Blick auf die Bühne zu erobern. Zur Teestunde war die Wiese noch nicht restlos ausverkauft. Picknickdecken, Stühle und die neueste Garnitur an Klappmobiliar machten sich breit. Menschen mit Hut und Sonnenbrille griffen in gar nicht stilechte Kühltaschen, um nicht minder stilechte Tupperpötte mit selbstgebackenem Kuchen heraus zu zaubern und Thermoskannen voll Kaffee zu schlürfen.

Dazu gab es von vorne „Liebesbriefe“ zu hören. Ein musikalisch-literarischer Streifzug durch das Liebes- und Musikleben der Schumanns, Beethovens und Mozarts. Mit wunderbarer Schmelzstimme rezitierte der Schauspieler Peter Striebeck aus den einsamen Sehnsüchten der Komponisten, die sich nach der „Teuersten“ aber auch nach „frischen, neuen Tönen“ verzehrten.

Sonnenuntergang. Kartoffelsalat und Schnitzel werden rausgeholt. Einen Tisch weiter wird Rotwein gereicht, die Kandelaber auf dem weißen Tuch entzündet. Und überall werden die Wunderkerzen für das Abendkonzert zurechtgelegt: Zeit für „Klassik und Klezmer“. Zeit für „Hochzeiten“, das Schwerpunktthema des diesjährigen „Klassik-Sommer-Freiluft-Vergnügens“.

Dass sich Klassik und Klezmer tatsächlich in Knoops Park noch treffen konnten, war allerdings schier unglaublich. Denn das wonnige Quintett „Sim Kolcha“ aus Basel kam teils schwerverletzt, teils just aus der US-Gefängniszelle freigekauft nach Bremen. Aber es spielte eine wunderbar spritzige Mischung aus Jazz und Klezmermusik.

Aber dann. Die letzte Zugabe. Zeit die Wunderkerzen rauszuholen in die Nacht zu schwenken. Und noch Kino gucken: den jährlichen Lesmona-Film – leider ohne Happy End.

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