Lappland schlägt Bayern

Pisa E(rweitert): Was die nationale Bildungsstudie testet und warum sich die Ergebnisse der sechzehn Bundesländer kaum miteinander vergleichen lassen

„Pisa E“ oder „Erweitert“ ist die kleine Tochter von „Pisa International“. Als die Prüfer der OECD im Jahr 2000 in deutschen Schulen die Aufgaben verteilten, legten die deutschen Pisa-Forscher noch ein paar Bogen mehr aus. In Deutschland ließen sich zusätzlich 50.000 SchülerInnen testen – nach dem gleichen Muster wie bei Pisa I: Es ging um Wissen aus dem Alltag, nicht aus Lehrplänen. Ziel der Befragung war es, erstmals einen detaillierten Vergleich der Schulen der 16 Bundesländer zu erhalten.

Das jetzt bekannt gewordene Ranking der Länder (Bayern = Union vorn, Bremen = SPD hinten) ist daher nur ein Bruchteil dessen, was das Berliner Max-Plack-Institut für Bildungsforschung herausgefunden hat. Empirisch, so klagen die Forscher, wusste man bisher praktisch nichts aus deutschen Schulen – abgesehen von den eigenen Erfahrungen. Das soll sich nun ändern: Die Wissenschaftler haben die Schüler nicht nur Aufgaben lesen und lösen lassen, sondern sie auch umfassend befragt: Über ihren sozialen Hintergrund, ob sich Eltern und Lehrer mit ihnen unterhalten, ob sie gerne lesen, wann ihnen im Unterricht Spaß macht und so fort.

Die Auswertung der Daten ist hierzulande freilich umständlicher als anderswo. Das liegt nicht daran, dass die deutschen 15-Jährigen dumm wären, sondern daran, dass sie ein völlig zersplittertes Schulwesen besuchen. Die Bildungsforscher müssen ihre Ergebnisse auf elf (!) verschiedene Schulformen in den Ländern herunterbrechen – Sonderschulen, Grundschulen, Regelschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Gesamtschulen, Förderstufen etc. Auch das war ein Ergebnis von Pisa E – dass man sich die Mühe machte, „das institutionelle Chaos“ (so ein Forscher) der deutschen Schule zu sichten. Bei den internationalen Pisa-Siegern war das einfacher: Da gibt es nur die Grundschule (Gesamtschule) und (im Anschluss) das Gymnasium.

Das institutionelle Chaos hat auch zu einem politischen geführt – das die Union geschickt für sich nutzen konnte. Sie vereinbarte mit der SPD, dass der Ländervergleich zunächst nur anhand der Gymnasien vorgenommen wird. Damit war der entscheidende Wettbewerbsvorteil für Bayern geschaffen. Dort machen ganze 19,8 Prozent der Schüler Abitur, andere Bundesländer bringen bis zu 30 Prozent der Schüler zur Hochschulreife. Das heißt: Für das nun bekannt gewordene Ranking hat Bayern nur seine Allerbesten ins Rennen geschickt. Und obwohl sich die weißblauen Lokalgrößen jetzt rühmen, sie wüssten schon, warum ihre Schüler in der Champions League spielten, wird man sich darüber in Lappland wundern. Denn dort machen 60 Prozent Abi – und die Samen hängen die Bayern trotzdem ab. CIF