: Lustig Gelötetes
„Uscita di Sicurezza“: Bei Paolo Morettos Skulpturen und Malerei in Oldenburg geht es nicht um Kunst
Paolo Moretto glaubt nicht an die Ewigkeit. Jedenfalls was moderne Kunst angeht. Morettos Skulpturen wollen allenfalls eine Pointe bieten, nicht aber die Kunst selbst thematisieren oder voranbringen. Das können sie auch nicht, wie eine Ausstellung seiner Arbeiten im Kunstfoyer am Langenweg der Oldenburger Treuhand unmissverständlich vermittelt.
Die rundum verglasten Ausstellungsflächen sollen Oldenburger Nachwuchskünstlern eine Plattform geben. Paolo Moretto hat bis vor sechs Jahren in der Oldenburger Ateliergemeinschaft „K.A.R.G“ gearbeitet. Der Veronese platziert seine fragilen Drahtgebilde auf kleine Wagen, die schon bei den Surrealisten hip waren. Er montiert Fundstücke in den Draht, etwa kleine Holzstücke oder Gumminoppenmatten. Doch verwahrt er sich vehement gegen das Readymade-Prinzip, von Duchamp will er auch nichts wissen. Für ihn sind die Gegenstände Inspirationen, mehr nicht. Was will aber eine solche Kunst, die nichts will –nicht mal zur Kunst beitragen?
Entertainment! Und unterhaltsam sind diese gelöteten, geklebten und bemalten Gebilde tatsächlich. Ein Dreibein trägt eine Art Aschenbecher aus Metall, der mit blauen Plastiknoppen ausgelegt ist. Darüber ragt auf einem Podest ein Häuschen in die Höhe – bemaltes Holzfundstück – und ein kleines Sprungbrett lädt zum Abtauchen in den Noppenpool.
Andere Skulpturen sind mit filigranen Geländern an Häuschen oder Plattformrändern versehen, oder kleine Leitern führen ins Nichts. Das ist lustig, und so phantasievoll zu werkeln, macht bestimmt auch viel Spaß.
Bei der Malerei Morettis allerdings hört auch der Spaß auf. In Art der Collage werden Kalenderblätter hochformatig kopiert, mit einem Kleister-Farbgemisch übermalt und dann ein paar Worte drauf gekritzelt. Und man denkt: Welch ein Tiefsinn, die Tage sind die Matrix der Gedanken, und dazwischen liegt irgendein Schleier.
Aber „Kunst“ ist das nicht, da werden nur Einfälle produziert. Kleine Lichtblicke allerdings sind die Radierungen des italienischen Künstlers. Gerade die flüchtigen, skizzenhaften Linien auf Bütten spiegeln das Empfinden Morettos für das Graphische, das in seinen Drahtschöpfungen zu statisch bleibt. Sie sind wohl eher eine „Uscita di sicurezza“ – so der Ausstellungstitel –, ein Notausgang, eine Art Kunsthandwerk, das sich vor den wirklichen künstlerischen Fragen drückt. Da möchte man zurückzitieren: „E‘ Pericoloso sporgersi“.
Marijke Gerwin
Bis 12. Juli Mo-Fr von 8-17 Uhr, Kunstfoyer am Langenweg, Treuhand Oldenburg, Langenweg 55, Oldenburg Ofenerdiek.
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