: Rundfunkräte rügen
Die Änderung des Radio Bremen-Gesetzes in einer Nacht- und Nebelaktion sorgt für Empörung
Die 35 Bremer RundfunkrätInnen vertreten die „Interessen der Allgemeinheit“ in Bezug auf Radio Bremen. Kurzfristig setzten sie nun die Novellierung des Radio Bremen-Gesetzes auf seine Tagesordnung. Die Kritikpunkte: Mögliche parteipolitische Einflussnahme auf die Redaktion von buten un binnen, die neue Zusammensetzung des Rundfunkrates und die Aushöhlung der Mitbestimmung. Der Rundfunkrat diskutierte dazu eine geharnischte Resolution „gegen Form und Inhalt“ der Gesetzgebung, die bei Redaktionsschluss noch nicht beschlossen war.
Der SPD-Abgeordnete Horst Isola warf bezeichnendes Licht auf die Gesetzgebung: „Soweit die Zeit es zuließ, wurde auch bei uns das Verfahren kontrovers diskutiert.“ Gerade der Punkt, der von den Vertretern der großen Koalition als Begründung für die Eile genannt wurde: die in der neuen Gesetzesfassung vorgesehene „Sendezeit für Dritte“, sprich Parteien-Wahlwerbung, sorgte für die größte Unruhe. Die Befürchtung: Dass Parteien mit dem Intendanten redaktionelle Inhalte absprechen können.
Intendant Heinz Glaessgen sagte dazu, auch er sei „überrascht“ von der schnellen Verabschiedung. Gespräche über Parteienwerbung habe es allerdings schon vor etwa einem Jahr gegeben. Heftige Kritik gab es an den Pareivorsitzenden der großen Koalition Bernd Neumann (CDU) und Detlev Albers (SPD), die trotz ihrer Mitgliedschaft im Rundfunkrat jede Diskussion vermieden hätten. In den Worten des Rundfunkratsmitglieds Klaus Bernbacher: „Ich würde gerne erfahren ,was in Sie gefahren ist, so eine politische Blödheit zu begehen.“ Albers‘ Antwort, bezogen auf die Wahlwerbung: „Ich hätte sehr gut mit der bisherigen Regelung leben können.“ Aber der Koalitionspartner habe partout nicht mehr gewollt.
Mit Spannung war die Stellungnahme des Intendanten zu den gerade bekannt gewordenen Steuerproblem des Senders erwartet worden. Allein, auch sie erfolgte erst nach Redaktionsschluss. Jährlich eine Million Euro Mehrbelastung erwächst dem Sender aus einem veränderten Steuersatz für die ausgegliederten Werbe-Aktivitäten des Senders. Vor allem aber steht eine Steuer-Nachzahlung an das Finanzamt von gut 13 Millionen Euro an: Im Geschäftsjahr 2001 hatte Radio Bremen ein Minus von 6,4 Millionen Euro. Das Kapital ist nach Senderangaben „vollständig aufgezehrt“. HB
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