Abgelehnt: Fatima Hussein

Ein spektakulärer Fall von Klageabweisung eines Asylantrages wegen drohender Genitalverstümmelung stammt aus dem September 1998 – bezeichnenderweise aus den letzten Tagen der Regierung Kohl. Im April des Jahres 1997 flieht die somalische Muslimin Fatima Hussein (Name geändert) zusammen mit ihrer Tochter auf dem Luftweg nach Deutschland. Fatimas Mann war zu diesem Zeitpunkt von den Milizen des Generals Aidid gefoltert und beschossen worden, sie selbst wurde bedroht, geschlagen und entging nur knapp einer Vergewaltigung. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnt Husseins Asylantrag am 23. Mai 1997 ab.

Das Amt begründet seine Entscheidung damit, dass die Voraussetzungen nach Paragraf 51, Absatz 1 des Ausländergesetzes nicht erfüllt seien. Demnach sei das Leben von Mutter und Tochter nicht bedroht, binnen eines Monats sollen sie ausreisen. Gegen diesen Beschluss klagt Fatima Hussein. In der mündlichen Verhandlung des Asylanschlussverfahrens führt sie weiter aus, dass nicht nur ihr Gefahr drohe, sondern ihrer vierjährigen Tochter stünde die so genannte Beschneidung bevor. Würden sich Mutter und Tochter weigern, sei die Verfolgung und Misshandlung durch den Stamm und die Familie nicht auszuschließen. Gegen derartige Misshandlungen durch private Dritte gewähre der Staat Somalia traditionell keinen Schutz. Sie als Mutter habe keinerlei Handhabe, die Beschneidung zu verhindern, im Gegenteil werde auf sie massiver Druck ausgeübt, die Genitalverstümmelung an ihrer Tochter durchführen zu lassen. Daher habe Hussein den Kontakt mit dem Clan vollständig abgebrochen.

Das zuständige Verwaltungsgericht in Oldenburg weist Fatima Husseins Klage als unbegründet ab. Es begründet seine Entscheidung damit, dass die Gefahr der Beschneidung nicht erkennbar sei, denn eine Mutter könne die Tochter auch gegen den Willen eines ganzen Clans schützen. Von einer politischen oder einer staatlich geduldeten Verfolgung im Sinne des Grundgesetzartikels 16 und des Paragrafen 51, Absatz 1 Ausländergesetz könne auch keine Rede sein – schließlich existiere der Staat nicht mehr und sei „in Anarchie und Bürgerkrieg“ versunken. FKR