Menschenrechte …

Wie alle anderen UN-Mitgliedsstaaten hat sich auch die Bundesrepublik zu der 1948 verkündeten Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen bekannt. Diese entstand unter dem Eindruck der Menschenrechtsverletzungen im Nationalsozialismus und während des Zweiten Weltkriegs.

In der Erklärung heißt es in Artikel 2: „Jeder Mensch hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeine Unterscheidung, wie etwa nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, nach Eigentum, Geburt oder sonstigen Umständen.“

Die Artikel sind nach dem moralischen Verständnis der ausgehenden Vierzigerjahre formuliert. Von sexueller Orientierung oder dem Recht am eigenen Körper war noch keine Rede. Viele Minderheiten wurden aber seit 1966 in ergänzenden völkerrechtlichen Verträgen besonders geschützt. Zudem ist in Artikel 12 das Recht auf Privatleben formuliert sowie in Artikel 22 und 29 das Recht auf freie Entwicklung der Persönlichkeit.

Die Erklärung ist ebenso wie die 1951 verabschiedete Genfer Flüchtlingskonvention rechtlich gesehen eine Vorgabe, die die unterzeichnenden Länder in nationales Recht umwandeln. Bei der Behandlung von Flüchtlingen, insbesondere bei nichtstaatlich Verfolgten wie Homosexuellen, Transgender und von der Genitalverstümmelung bedrohte Frauen gibt es heute daher erhebliche Unterschiede.

In der Europäischen Union will die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verbindliche Regelungen schaffen. In Anlehnung an die Genfer Flüchtlingskonvention gilt zum Beispiel ein grundsätzliches Abschiebeverbot auch dann, wenn die Gefahr der Folter durch nichtstaatliche Organisationen oder Einzelpersonen droht. Dieser Rechtsauffassung folgt beispielsweise Frankreich mit seinem 1998 erlassenen „Asile territorial“, das auch nichtstaatlich Verfolgten aus Krisengebieten Schutz gewährt.

Das deutsche Recht schließt nichtstaatliche Verfolgung hingegen aus. In Artikel 16a, Absatz 1 des Grundgesetzes heißt es knapp: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Daran schließt sich in Absatz 2 sofort die Regelung der Ausnahmen an, darunter auch die so genannte Drittstaatenregelung. Sie besagt, dass asylberechtigt nicht ist, wer aus einem EG-Land oder aus einem sicheren Drittstaat einreist.

Einer näheren Bestimmung darüber, wer nach deutschem Recht Flüchtling ist, entzieht sich auch das für Asylfragen maßgebliche Ausländergesetz. Lediglich Paragraf 51, Absatz 1 nimmt Teile der Genfer Konvention in die deutsche Rechtssprechung auf, wenn es dort heißt: „Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist.“

Geschlechtsspezifische Verfolgung wird daher bis heute von deutschen Gerichten sehr uneinheitlich behandelt. Wird Anträgen stattgegeben, werden sie in der Regel als politische Verfolgung gewertet – anstatt, wie die meisten EU-Länder, Asyl gemäß Genfer Konvention auch geschlechtsspezifisch verfolgten Flüchtlingen zu gewähren. FABIAN KRESS