Von Zäunen und Zaungästen

Ein geplanter Zaun rund um den Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg soll die normalen Nutzer von den Trinkern trennen. Doch mittlerweile ist dem Bezirksamt selbst nicht mehr ganz wohl dabei

von UWE RADA

Eine Oase der Ruhe und Erholung auf dem Platz. Die Trinker und Obdachlosen irgendwo davor. Zwischen beiden Gruppen ein zwei Meter hoher Zaun. So stellen sich manche Anwohner und einige Bezirksvertreter die Zukunft des Helmholtzplatzes in Prenzlauer Berg vor. Andere dagegen sprechen bereits von einer neuen Mauer, die mitten in Berlin errichtet werden soll.

Der vorläufige Höhepunkt im Streit um den Umgang mit den Alkis vom Helmholtzplatz geht auf zahllose Beschwerden von Anwohnern zurück. Auf einem gemeinsamen Treffen mit den Stadträten Matthias Köhne (Bauen, SPD), Martin Federlein (Stadtentwicklung, CDU), Johannes Lehmann (Soziales, SPD), dem Quartiersmanagement und der Polizei wurden am 16. Mai schließlich einige Vorschläge unterbreitet. In einem Protokoll, das der taz vorliegt, heißt es unter anderem: „zwei Meter hoher Zaun um den gesamten Platz – abschließen in der Nacht“, „Markt auf den Platz – erhöht soziale Kontrolle“ sowie „konsequente Verfolgung und Rücklauf von Ordnungswidrigkeiten – bis zu der Möglichkeit, den Hund einzuziehen“.

Baustadtrat Matthias Köhne, lange Zeit Büroleiter von Klaus Wowereit, will davon heute am liebsten nichts mehr wissen. „Ich gehe davon aus, dass es keinen zwei Meter hohen Zaun geben wird“, sagte Köhne der taz. Schließlich würden auch Alternativen geprüft, die bisherige Teilumzäunung in einer Höhe von achtzig Zentimetern auf den ganzen Platz auszudehnen. Er selbst, so Köhne, habe auch gar nichts gegen den Aufenthalt einer Trinkergruppe auf dem Platz. Nur dürfe die eben nicht alle anderen Nutzer vertreiben.

So vorsichtig der Baustadtrat zurückzurudern beginnt, so skeptisch sind freilich andere. Die Betroffenenvertretung Helmholtzplatz verweist auf eine Sitzung der AG Helmholtzplatz vom 28. Mai, in dem Köhnes Amtsleiter Krause erklärt habe, dass der Zaun komme, und zwar in der geforderten Höhe von zwei Metern. Ein entsprechender Maßnahmenkatalog sei bereits beschlossen und von Stadtrat Köhne bestätigt worden. Mehr noch: Krause legte sogar schon einen Finanzierungsplan vor. Gebaut werden soll der Zaun aus den Mitteln des Quartiersmanagements Helmholtzplatz. Und das soll gleich noch die Beschäftigung des nötigen Wachschutzpersonals mit übernehmen. Köhnes Kommentar dazu: „Diesen Vorstoß hätte es besser nicht gegeben.“

Dass der Stadtrat damit in gewissem Maße Recht hat, glaubt auch Anna Vandenherz von der PDS-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung. „Mit solchen Ankündigungen lockt man eher diejenigen an, die man eigentlich weghaben will“, sagt sie. Dabei gehe es gerade darum, ruhig und besonnen nach Lösungen zu suchen und einem „Trinkertourismus“ zum Helmholtzplatz vorzubeugen.

Der Einwand ist in der Tat nicht unberechtigt. Kaum hatte die vorhergehende Sozialstadträtin Ines Saager (CDU) vor anderthalb Jahren angekündigt, das Platzhaus am Helmholtzplatz als angeblichen Ausgangspunkt allen Übels schließen zu wollen, eskalierte die Lage. Zur Eröffnung des Platzes im vergangenen Juli luden die Gegner des Ordnungswahns zu einer Trinkerdemo ein, und die Anwohner beschwerten sich nur umso mehr.

Auch die Ankündigung von Grünflächenchef Krause und die lavierende Politik von Baustadtrat Köhne haben inzwischen Widerstand hervorgerufen. Für kommenden Dienstag um 19 Uhr ruft die Betroffenenvertretung Helmholtzplatz zu einer Open-Air-Kiezversammlung auf den Helmholtzplatz. „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten – Wirklich niemand?“, heißt es auf einem Flugblatt unter Anspielung auf Walter Ulbrichts Spruch kurz vor dem Bau der Berliner Mauer. Zentraler Kritikpunkt der Betroffenenvertreter: Bei der Versammlung am 16. Mai seien nur ausgewählte Anwohner eingeladen worden.

So ist am Helmholtzplatz jeder irgendwann einmal ein Zaungast. Das gilt nicht nur für die Trinker und ihre Lobby in der Betroffenenvertretung, sondern auch für das Bezirksamt. Die Versammlung am 2. Juli jedenfalls will Baustadtrat Matthias Köhne nicht wahrnehmen. „Ich habe bis heute dafür keine persönliche Einladung bekommen.“