Gesamtabrechnung folgt

Springer und Kirch richten sich auf langen Kampf ein. Friede und Leo nicht entlastet

BERLIN taz ■ Nein, so schlimm wie 1989 war es nicht: Damals, auf dem Höhepunkt des Streits um den Einfluss des Hauses Kirch beim Axel Springer Verlag hatten die Anwälte des Medienunternehmers der Springer-Hauptversammlung ein zehnstündiges Wortgefecht aufgezwungen. An diesem Mittwoch war bereits am frühen Abend Schluss, Ergebnis: eine beiderseitige Kampfansage.

Die Positionen sind klar verteilt: „Es geht darum, dieses Unternehmen mit in den Abgrund zu ziehen – das ist uns auch zu anderer Gelegenheit erklärt worden“, zitiert die Financial Times Deutschland Springer-Vorstand Mathias Döpfner (39) zur wahren Strategie des Hauses Kirch. Und der alte Herr (75) lässt über seinen Anwalt Ronald Frohne vermelden, Ziel der Springer-Geschäftspolitik „war und ist es, den störenden Großaktionär Leo Kirch loszuwerden“.

Kirch hat wenig zu verlieren: Noch hält der ungeliebte Großaktionär zwar 40 Prozent der Springer-Anteile. Er hatte sich nach und nach gegen den erbitterten Widerstand des Springer-Clans in die AG eingekauft, Sitze im Aufsichtsrat durch und mit ihm genehmen Vertretern besetzt. Doch dieses Paket ist nun Teil der Insolvenzmasse des untergehenden Kirch-Imperiums – und dient als Sicherheit für einen Millionenkredit der Deutschen Bank. Offiziell gehören werden die 40 Springer-Prozente dem Geldinstitut allerdings erst im August – weshalb der Aufsichtsrat Leo Kirch überhaupt noch mal zur Jahreshauptversammlung antreten konnte.

Kirch wirft nun Springer vor, durch den geplanten Ausstieg aus der ProSiebenSat.1 AG den Zusammenbruch der Kirch-Gruppe beschleunigt zu haben. Kirch-Anwalt Frohne sprach von Springer-Geheimtreffen mit Rupert Murdoch, von „Verrat“ – und verlangte Schadensersatz (siehe gestrige taz).

Und so endete der Schlagabtausch in der Berliner Springer-Zentrale zunächst mal im Patt: Kirchs Leute stimmten gegen die Entlastung der Aufsichtsrätin und Verlegerwitwe Friede Springer. Und die Springer-Stimmen verhinderten die Entlastung des Aufsichtsrats Leo Kirch, der in den Jahresberichten der AG anstelle einer umfänglichen biografischen Notiz immer ganz bescheiden als „Kaufmann, München“ firmiert.

Noch ist unklar, was mit den verschiedenen Läden des Münchner Medienkaufmanns passiert – und welche Rolle Springer dabei spielen wird. Die Neuordnung der deutschen Medienlandschaft findet eben nicht auf Aktionärsversammlungen, sondern in den Hinterzimmern statt. STEFFEN GRIMBERG