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Weichenstellung

Der „Altonaer Blutsonntag“ wird 70. Der Kulturausschuss Altona plant Veranstaltungen gegen das Vergessen

Elisabeth Will ist Zeitzeugin. „Der 17. Juli ist nicht nur für Altona von großer geschichtlicher Bedeutung“, erklärt sie im Kulturausschuss der Bezirksversammlung Altona, „der Blutsonntag ist für die Geschichte Deutschlands ein Tag der Weichenstellung.“ 7000 SA-Männer aus Schleswig-Holstein marschierten am 17. Juli 1932 durch die Staßen Altonas, dem „Zentrum der Roten“, geschützt von starken Polizeieinheiten. Nach Übergriffen der SA auf Zivilisten und Kommunisten eskalierte die Situation: Bei Schießereien und Schlägereien starben 18 Menschen. Wenige Tage zuvor hatte der monarchistisch-reaktionäre Reichskanzler Franz von Papen auf Druck der NSDAP das Demonstrations- und Uniformverbot aufgehoben.

Dieser Sonntag sei „ein Meilenstein auf dem Weg in die Diktatur“ gewesen, so Achim Weers, Mitglied im Kulturausschuss. Denn die NSDAP hat die Straße erobert. Entgegen eindeutiger Beweislage konnte von Papen die Kommunisten für das Blutbad verantwortlich machen und ließ einige öffentlich hinrichten.

Das schreckliche Gemetzel ist nun 70 Jahre her, doch es sei „wichtig, die Erinnerung an die Geschichte wach zu halten und im Bewusstsein der Menschen zu verankern“, so Weers. Deshalb organisiert der Kulturauschuss zum 70. Jahrestag des „Blutsonntags“ eine Gedenkfeier.

Elisabeth Will wird um 19.30 Uhr im Kollegensaal des Altonaer Rathauses, Platz der Republik 1, die Gedenkfeier eröffnen, es folgen Ansprachen des Bezirksleiters Uwe Hornauer und der Profesorin Ursula Büttner, Forscherin am Institut für Zeitgeschichte. Zwischendurch präsentiert sich das Jüdische Theater Schachar mit Ausschnitten aus dem Stück „Die Hölle der Mädchen“ von Daniel Haw, einer Inszenierung über das Jugendkonzentrationslager Uckermark.

An dem Projekt gegen das Vergessen und Wegschauen beteiligt sich auch das Stadtteilarchiv Ottensen. Bei Stadtrundgängen wird der Weg des Aufmarsches abgelaufen. HELENE BUBROWSKI

Infos beim Stadtteilarchiv Ottensen e.V. unter ☎ 390 36 66 oder www.stadtteilarchiv-ottensen.de

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