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Zick doch mal wieder

„Ich leg zu und Du baust ab“: Das weibliche Kabarett-Tandem Queen Bee streitet sich mit neuem Programm in der Bar jeder Vernunft

Harmonie ist für das traute Zusammenleben ein erstrebenswertes Ziel – für die Dramaturgie eines Bühnenabends ist sie keineswegs vorteilhaft. Wohltemperiert und wohlformuliert fahren sich Edda Schnittgard und Ina Müller über den Mund, stochern in alten Wunden und machen die kleinen Fehler der andern zu großen Themen. „Ich komm groß raus, du in die Jahre.“ Dieses Betonen der Verschiedenheit ist ein recht schlichtes Strickmuster, aber bewährt und funktionsfähig. Die eine rank und schlank, die andere wohlgenährt. Die eine steht auf Männer, die andere mehr auf Frauen. Die eine immer forsch nach vorn, die andere ein stilles tiefes Wasser.

Beide zusammen nennen sich Queen Bee, und das schon im siebten Jahr. Sie streiten, zicken, singen und vertragen sich wieder, und das mittlerweile im vierten Programm. Die Grundlage, auf der das Duo ihre Programme aufbaut, ist recht dünn. Männer sind das Thema und die Freundschaft zwischen Frauen. Dazwischen Melkwitze, Bekenntnisse einer Scheißeanzieherin, beinahe ein Wolf-Biermann-Chanson und Vorurteile gegenüber Männern mit mittelfetten langen Haaren, die Philosophie studieren und die alten Grätenfischmäntel ihrer Väter tragen.

Bei so manch anderen aus der Kabarettbranche wäre dies entsprechend fade und ein schneller Grund zum Gähnen. Dass bei Queen Bee jedoch tatsächlich jeder im Publikum mit reichlich guter Laune wieder nach Hause geht, hat schlicht mit ihrer handwerklichen Professionalität und ihrer überragenden Ausstrahlung zu tun.

Schnittgard und Müller haben sich Bühnenpersönlichkeiten zugelegt, die mit Charme und Verve den Raum erfüllen. Von ihnen geht eine Energie aus, die von der ersten Minute an jeden im Zuschauerraum erfasst. Statt in einer Nummernrevue zu verdümpeln, erscheint hier alles wie aus einem Guss, selbst wenn es in Wirklichkeit einen roten Faden gar nicht gibt. Weil aber jede Geste sitzt, jeder Augenaufschlag ein Kommentar auf das Gesagte, eine Verbrüderung mit dem Zuschauer ist – im Zweifelsfalle immer auf Kosten der Showpartnerin –, läuft das Räderwerk der Unterhaltung wie geschmiert. Ohne Quietschen, wenn auch ohne Reibung.

Tiefere Erkenntnisse, feministische Diskurse, also alle Grundlagen des feministischen Kabaretts haben hier allenfalls in Rudimenten Platz. Stattdessen stehen zwei Frauen auf der Bühne, mal mit platzendem Selbstbewusstsein und dem stolzen Gefühl der Überlegenheit gegenüber Männern, dann wieder – vor allen in den adaptierten Balladen von Nena über die Lassie Singers bis zu den Schröders – mit einem gebrochenen, unsicheren Verhältnis zum anderen Geschlecht.

Spätestens hier knacken Queen Bee jeden: beim Gesang. Zwei Stimmen, die einfach perfekt zusammenwirken. Die der Pianistin Edda Schnittgard eher weich, Ina Müllers hingegen mit leicht herben Timbre, die sich auch zur ausgereiften Soulröhre aufdrehen lässt. Spätestens hier ist auch Schluss mit der gespielten Disharmonie. Was ihre Stimmen betrifft, da macht ihnen keine Kollegin so schnell was nach.

AXEL SCHOCK

Bis 28. 7., Mi.–So., jeweils 20 Uhr 30, Bar jeder Vernunft, Schaperstr. 24, Wilmersdorf

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