„Nicht ins Ausland abschieben“

Peter Glotz, Vorsitzender der Stiftung des Bundes der Vertriebenen für das „Zentrum gegen Vertreibungen“, meint, dass Berlin sich als Standort ganz besonders anbietet

taz: Herr Glotz, in Tschechien und Polen fürchten viele, dass das „Zentrum gegen Vertreibungen“ für die Deutschen ein Pendant zum Holocaust-Mahnmal wird. Wie sehen Sie das?

Peter Glotz: Kein vernünftiger Mensch vergleicht die Vertreibung der Deutschen mit dem Jahrtausendverbrechen des Holocaust, schon gar nicht Erika Steinbach (die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen; d. Red.) und ich. Das darf man selbstverständlich nicht vergleichen.

Warum gibt es dann die Idee, das Zentrum in der Nähe des Berliner Holocaust-Mahnmals zu bauen?

Keiner hat gesagt, dass es in der Nähe sein muss. Frau Steinbach und ich sind gerne bereit, über den Standort zu reden. Natürlich bietet sich Berlin als Hauptstadt ganz besonders an. Ich habe aber auch nichts gegen München. Es muss nicht Berlin sein. Man sollte das „Zentrum gegen Vertreibungen“ nur nicht ins Ausland abschieben, weil die Deutschen da schlicht und ergreifend gar nicht hinfahren werden.

Sie wollen ein europäisches, kein nationales Zentrum. Warum sitzen dann im Wissenschaftlichen Beirat Ihrer Stiftung dreizehn Deutsche und ein US-Amerikaner, aber keine Tschechen und Polen?

Bisher besteht die Stiftung ja eigentlich nur aus Frau Steinbach und mir. Inzwischen hat sich zum Beispiel der Ungar György Konrád (Präsident der Akademie der Künste in Berlin; d. Red.) bereit erklärt, sich zu beteiligen. Wenn der Beirat einmal vollständig ist, werden sicher auch Tschechen, Polen und andere dem Beirat angehören. Der soll nicht so bleiben, wie er jetzt ist.

Warum braucht man ein solches Zentrum?

Um eine Bühne zu schaffen gegen Vertreibungen. Um deutlich zu machen, dass Vertreibung nicht etwa, wie der künftige tschechische Ministerpräsident Spidla meint, die Quelle des Friedens ist, sondern dass es sich dabei um die Zerstörung der Identität von Menschen handelt.

Soll mit dem Zentrum also auch der tschechischen und der polnischen Regierung ein Vorwurf gemacht werden?

Regierungen von heute haben mit den Verbrechen von vor fünfzig Jahren nichts zu tun.

Wie wollen Sie denn zur Versöhnung beitragen?

Dass wir die Vertreibungen aufgreifen, muss und soll der Versöhnung in keiner Weise widersprechen. Versöhnung ist nur möglich, wenn beide Seiten klar machen, dass sie die Verbrechen der Vergangenheit bedauern. Das gilt selbstverständlich für die schwereren Verbrechen der Deutschen unter Hitler, aber es gilt auch für andere Verbrechen.

INTERVIEW: OLIVER HINZ