Das Ei muss übers Eckige

Die Rugby-Frauen des FC St. Pauli wollen heute in Hannover zum vierten Mal deutsche Meisterinnen werden. An Selbstbewusstsein mangelt es den Spielerinnen nicht

Was so ein Sieg über die Bayern alles bedeutet. Die Fußballer des FC St. Pauli machte er in der vergangenen Saison zu „Weltpokalsiegerbesiegern“ und bescherte ihnen den größten Erfolg in 92 Jahren Vereinsgeschichte. So steht es zumindest auf der Homepage des Kiez-Clubs. Für die Rugby-Spielerinnen vom Millerntor ist das Kleinkram. Sie spielen heute gegen die Frauen des DRC Hannover um die deutsche Meisterschaft. Es wäre die vierte nach den Titeln von 1995, 2000 und 2001.

„Wir werden gewinnen“, prophezeit Amrai Coen, mit 15 eine der Jüngsten im Kader. Auch für Trainer Jens Michau ist ein Sieg „absolut sicher“. Und Manuela Wiedemann, Kapitänin bei St. Pauli und im Nationalteam, sagt: „Wir fahren nicht nach Hannover, um zu verlieren.“ Dass die Hamburgerinnen noch im Herbst gegen den DRC verloren haben, sei bereits Geschichte: „Das letzte Spiel ging an uns.“ Und das ist erst zwei Monate her.

Am Mittwoch und Freitag ging es im Training vor allem darum, die Leidenschaft der Sportlerinnen zu schüren: „Das Herz entscheidet das Spiel zu 90 Prozent“, sagt Trainer Michau. „Nochmal, ihr Feiglinge“, ruft er, als sich zwei Spielerinnen beim Tackling aus dem Weg gehen. „Genau so“, ermuntert er die beiden nach dem zweiten Versuch. Petra Drachenberg, 32-jährige Polizistin, geht wenig später allerdings mit einem blauen Auge vom Platz.

„Das passiert oft“, sagt Tim Höper, Physiotherapeut bei St. Pauli. Und nicht nur das: „Knie, Nase, Schultern“ sind für Kapitänin Wiedemann die Problemzonen einer Rugby-Spielerin. Dennoch ergeben sich weniger Verletzungen als bei den Männern. „Die Frauen tun ihren Gegenspielerinnen nicht absichtlich weh, Männer schon“, sagt Michau. Seine Kapitänin ergänzt: „Weil wir weniger stark sind, spielen wir technischer.“

In St. Pauli wird seit 1933 Rugby gespielt. Damals wechselte die sechste Herren-Mannschaft der Fußballer die Sportart. Das Frauen-Team gründete sich 1989 und erreichte schon nach sechs Jahren die erste deutsche Meisterschaft. Im Endspiel gewannen die Spielerinnen damals gegen den Rekordmeister SC Neuenheim, bis dahin die Bayern des Frauen-Rugby. Wie gesagt: Die Kicker schafften so was erst dieses Jahr. MATHIAS WÖBKING