„Tag der Befreiung“

Horst Mahler – der mit dem Mythos des RAF-Gründers behaftet ist – steht morgen als waschechter Neonazi vor dem Hamburger Amtsgericht

von PETER MÜLLER und ANDREAS SPEIT

Neonazi- und Medienaufmarsch vor dem Amtsgericht: Der rechtsextreme Rechtsanwalt und die Galionsfigur der Freien Nationalisten, Horst Mahler, der auch die NPD in ihrem Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vertritt, muss sich morgen wegen „Billigung von Straftaten“ vorm Kadi verantworten. Mahler hatte die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon als Befreiungsschlag bewertet und in Panorama gesagt: „Es war ein Erschrecken und gleichzeitig auch das Gefühl: Endlich mal. Endlich sind sie mal im Herzen getroffen. Und das wird sie wahrscheinlich zum Nachdenken bringen, und deshalb sage ich, war das auch eine Aktion, die, so grausam sie ist, rechtens war.“

Mahler haftet in den Medien immer noch der Mythos an, Mitbegründer der Roten Armee-Fraktion (RAF) zu sein. Wahr ist: Mahler hatte als bekannter APO-Akteur der Außerparlamentarischen Opposition (APO) und als Repräsentant des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) 1969 gemeinsam mit Otto Schily Andreas Baader im so genannten Kaufhausbrandstifter-Prozess verteidigt. Schon damals gehörte er gemeinsam mit dem heutigen Ideologen der Rechten, Reinhold Oberlercher, zur nationalen Fraktion des SDS. Richtig ist auch, dass Mahler nach der Knastbefreiung Baaders im Frühjahr 1970 wie Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof in den Untergrund ging. Er wurde aber schon im Oktober 1970, bevor die RAF gegründet und logistisch aktiv geworden ist, gefasst und landete im Knast.

In der Haft schloss sich Mahler sehr schnell der maoistischen Strömung der „Vaterlandsverteidiger“ (KPD/AO) an, die den Hauptfeind im „sowjetischen Sozialimperialimus“ ausmachte. Er stand bei der Entführung des Berliner CDU-Chefs Peter Lorenz durch die „Bewegung 2. Juni“ auf der Liste der freizupressenden Personen, die gegen Lorenz ausgetauscht werden sollten. Er lehnte die Freipressung indes mit dem Hinweis auf seine KPD-Anhängerschaft ab und wollte sich nur von der Arbeiterklasse befreien lassen.

Dass Mahler also immer weiter in die rechte Szene abdriftete, ist nicht überraschend. Zuerst versuchte er sich ein Image als Deutsch-Konservativer über Interviews in der Jungen Freiheit zu verpassen, spätestens seit 1999 präsentiert er sich als waschechter Neonazi. So trat er mit „Bombenhirn“ Peter Naumann bei der Kameradschaft Karlsruhe auf, im „Nationalen Info-Telefon“ wird er als „Hoffnungsträger“ bezeichnet. Auf seiner Webseite polemisiert er über die „Auschwitzkeule“ und die „Überfremdung des deutschen Volkskörpers“. Er schwärmt von einer „nationalrevolutionären Sammelbewegung“ – da werden 68er zur „nationalrevolutionären Befreiungsbewegung“ umgedeutet.

Zum Prozess kommt es, da Mahler gegen den Strafbefehl von 6000 Euro Widerspruch eingelegt hat. Es ist davon auszugehen, dass viele Neonazis den Auftritt als Event nutzen werden.

Strafjustizgebäude, Saal 292, Mi. 14 h