Milde Richter
: Steuerberater versagt als Treuhänder

Kein Berufsverbot

Er hat Glück gehabt, der wegen Untreue angeklagte Steuerberater Hartwig Behre. Das erweiterte Schöffengericht des Bremer Amtsgerichts setzte die 18-monatige Haftstrafe gegen ihn wegen Untreue in neun Fällen gestern zur Bewährung aus. Was aber viel schwerer wiegen dürfte: Von einem Berufsverbot für den bislang Unbescholtenen sah die Strafkammer ab.

Der Mann habe sich wohl als Treuhänder eines Vermögens, nicht aber als Steuerberater schuldig gemacht, zog der Vorsitzende Richter Hans Ahlers gestern eine bedeutsame Linie zwischen den verschiedenen beruflichen Aktivitäten des Angeklagten. Zudem setze ein Berufsverbot eine negative Prognose voraus. Die sehe das Gericht nicht gegeben. Damit dürften auch die 18 Beschäftigten der Steuerberater-Sozietät aufatmen – obwohl gegen einen Mitinhaber derzeit noch Ermittlungen in der gleichen Angelegenheit laufen.

Der 55-jährige Steuerberater Behre nahm das Urteil mit unbewegter Miene auf. „Ich kann niemand anderen verantwortlich machen“, sagte er. Zuvor hatte das Gericht ihm positiv angerechnet, „dass er weitgehend offen und schonungslos mit sich selbst“ umgegangen sei. Seine Aussagebereitschaft habe den Prozess verkürzt.

Dem finanziell wie privat angeschlagenen Geschäftsmann steht dennoch einiges bevor. Das Berufsgericht für Steuerberater wird in seiner Sache zusammentreten – und dabei wohl auch die finanzielle Lage des Mannes erörtern müssen, der während längerer Zeit so knapp bei Kasse war, dass er aus dem ihm anvertrauten Vermögen nicht nur mehrfach kleinere Beträge direkt als „Honorar“ auf die eigenen Konten verbuchte und manchen „Kredit“ bis heute nicht zurückzahlte. Er musste zudem seine Lebensversicherung beleihen, um wenigstens teilweise zu erstatten, was er sich zu Lasten seiner Kunden geleistet hatte – oder wie Ankläger Klaus Lettau schärfer formulierte: was er „für private Zwecke abgeräumt“ hatte. Lettau hatte 21 Monate gefordert.

Dem Verurteilten steht nun die Abwicklung vieler größerer Schäden bevor, die er als Treuhänder einer Immobiliengesellschaft angerichtet hat. Insgesamt geht es um einen Schaden von 175.000 Mark, den er angerichtet hat, indem er sich und anderen Geld nach Gutdünken lieh. Nicht immer in der nachweislichen Absicht, anderen Schaden zuzufügen, wie das Gericht befand – aber mehrfach als „ungedeckten Scheck auf die Zukunft“, bisweilen zur „kurzfristigen persönlichen Bereicherung“ und alles in allem überwiegend verantwortungslos, „da er sich oft nicht um die Rückführung der entliehenen Summen gekümmert hat.“

Insbesondere drei „Darlehen“ über knapp 120.000 Mark, die in mehreren Tranchen vom Treuhandkonto in zwei mittlerweile bankrotte Pumpenfirmen flossen, für die der Verurteilte als Mitgesellschafter auch bürgte, seien „hochspekulativ“ gewesen. „Nie und nimmer“ hätte er dafür eine Einwilligung von seinen Treugebern erhalten, so das Gericht. ede