Es Schill-ert aus Bremerhaven

Auf den letzten Drücker: Bremer Schill-Partei nominiert ihre Kandidaten für die Bundestagswahl / In Bremerhaven und Bremen wurden Orts- und Kreisverband gegründet / Partei reklamiert 120 hiesige Mitglieder / Landesverband in weiter Ferne

Der Spitzenkandidat der Bremer Schill-Partei für die Bundestagswahl heißt Detlef Schütte. Der 49-jährige Berufssoldat aus Bremerhaven machte bei der Nominierungsversammlung am Mittwochabend im „Hotel am Werdersee“ das kleine Rennen. 14 von 27 anwesenden Parteimitgliedern stimmten für ihn. Schütte, einziger Kandidat mit politischer Vorerfahrung – in der CDU – wurde zugleich zum Direktkandidaten für den Wahlkreis 55 (Bremerhaven, Bremen-Nord, westliches Bremen) ausgerufen. Zuvor war er als Volkes Stimme aufgetreten.

„Wir müssen sehen, was das Volk will, dafür sind wir da. Das halte ich nicht für populistisch.“ Zum Thema Innere Sicherheit, vertrat er die Schill-Agenda klassisch: „Wir wollen, dass man wieder einen Blumenkübel rausstellen kann, ohne dass der gleich kaputt gemacht wird.“ Außerdem macht sich der Bremerhavener für den „Abbau von Subventionen“ stark – „so wie bei Holzmann. Davon haben wir nichts.“ Arbeitslose müssten „mehr Eigeninitiative bei der Jobsuche“ zeigen, Sozialhilfeempfänger stärker kontrolliert werden: „Die leben von meinen Steuern. Dadürfen sie nicht noch einen lukrativen Nebenjob haben.“ In Wirtschaftsfragen will Schütte auf „Standortstärkung“ durch Steuersenkung setzen. Wie? „Das haben wir in unserem Arbeitskreis noch nicht durchgerechnet.“

Den Mangel an Programm erklärt der Bremerhavener so: „Wir sind davon überrascht worden, dass unsere Partei zur Bundestagswahl antritt. Nun stricken wir schnell an einem Programm.“

Glücklich über die Beteiligung an den kommenden Wahlen sind die Bremer und Bremerhavener Schill-Leute offenkundig nicht. Sie hätten sich lieber auf die Bürgerschaftswahl konzentriert. Auch der aus Hamburg eigens angereiste Koordinator Heinz Eversmann sagt: „Es ist zu früh, an einer Bundestagswahl teilzunehmen, aber ich habe mich der demokratischen Mehrheit zu beugen. Uns fehlen Geld, Material und Personen.“ Tatsächlich wurde während der laufenden Sitzung in Eile die Stimmberechtigung der Anwesenden geprüft. Ergebnis: Alle 27 durften mitstimmen, sie sind in Bremen gemeldet. So seit kurzem auch der Bremer Schill-Kandidat Nummer zwei.

Zwar hat Joachim Raffel noch keinen Eintrag im Bremer Telefonbuch. Aber im Wahlkreis 54 (Bremen-Mitte, südliches und östliches Bremen) steht der 39-jährige für Schill ganz oben. Offizielle Berufsbezeichnung: Kaufmann. Nähere Angaben macht er keine. Nur soviel: „Ich kann meine ganze Kraft der Partei zur Verfügung stellen“. Unter anderem will Raffel erreichen, dass seine Partei „nicht als rechtsradikal gebrandmarkt“ werde. Das Zuwanderungsgesetz aber geht ihm zu weit. „Das öffnet alle Pforten.“

Ohne Posten ging am Mittwochabend Jan Timke aus. Der ehemalige Vorsitzende der Bremer Statt-Partei und jetzige Sprecher und Koordinator der Bremer Schill-Leute wollte sich – trotz Aufforderung – nicht zur Wahl stellen. „Ich möchte in Bremen bleiben und hier die Arbeit fortsetzen“, wehrte er sich sehr optimistisch gegen eine Abordnung nach Berlin. Zwar treten die Schills offiziell mit dem Slogan „Fünf plus“ an, von den Bremern aber rechnet kaum jemand mit über zwei Prozent – zumal die Mitgliederwerbung nur schleppend läuft. Statt der schon im Februar erhofften 180 Mitglieder hat die Partei derzeit nach eigenen Angaben 120. Damit ist die ursprünglich für den Sommer geplante Gründung eines Bremer Landesverbandes noch in weiter Ferne. Dafür müssten die Bremer Schills ihre Mitgliederzahl mehr als Vervierfachen, auf 500 Mitglieder.

Ulrike Bendrat