Gedenken in Srebrenica

Bei den Gedenkfeiern zum 7. Jahrestag des Massakers wird Kritik an den internationalen Organisationen laut. Bisher sind 1.700 Menschen zurückgekehrt

SPLIT taz ■ Die Gedenkveranstaltung zum Massaker von Srebrenica musste auch in diesem Jahr von tausenden von Polizisten geschützt werden. Entlang der Straßen in den Ort waren im Abstand von 50 Metern Polizeiposten stationiert. Wie schon in den vergangenen Jahren brachten 112 Busse die Trauernden in den Nachbarort Srebrenicas, Potocari. Und dort, wo vor Jahresfrist der Grundstein für ein Denkmal gelegt wurde, fand gestern eine weitere der Veranstaltungen statt, auf denen die Spitzen der internationalen Gemeinschaft in Bosnien versprachen, den Hinterbliebenen der rund 8.000 Männer zu helfen, die 1995 in der muslimischen Enklave ermordet wurden, nachdem bosnische Serben am 11. Juli die UN-Schutzzone eroberten.

Doch nicht einmal das Denkmal ist fertiggestellt. Und auch mit der konkreten Hilfe hapert es. Die sich seit Jahren für die Frauen von Srebrenica engagierende Fadila Memisevic, Vertreterin der Gesellschaft für bedrohte Völker aus Göttingen in Sarajevo, musste erneut die Institutionen der internationalen Gemeinschaft auffordern, den Rückkehrern, zumeist Frauen, wenigstens mit dem Nötigsten zu helfen. „Zwar wurden 12,5 Millionen Dollar für die Rückkehrer zur Verfügung gestellt, es ist jedoch bisher hier unten nichts angekommen“, beklagt die Bosnierin. „Selbst das Nötigste fehlt, Essen, Hygieneartikel, Decken.“

Immerhin haben es nach Angaben von Memisevic 1.700 Menschen gewagt, in die feindliche Umwelt der Region von Srebrenica zurückzukehren. Nach wie vor lehnen nämlich die meisten Serben die Rückkehr der einstmaligen muslimischen Mehrheitsbevölkerung ab. „Wenn mehr internationale Hilfe käme, würden schon weit mehr Menschen wieder nach Srebrenica zurückgekehrt sein“, sagt Memisevic.

Und das hätte Rückwirkungen auf die Atmosphäre in der Stadt und im Bezirk. Wie in der westbosnischen Städten Prijedor und Kozarac, wo viele Muslime zurückgekehrt sind, würde sich dann auch in Srebrenica die Sicherheitslage der Rückkehrer verbessern. Doch anstatt für Sicherheit zu sorgen, zögen sich die SFOR-Friedenstruppen aus „Sicherheitsgründen“ täglich um 15 Uhr aus der Stadt zurück, beklagt Fadila Memisevic.

Im Büro des Hohen Repräsentanten verweist man darauf, dass für den Januar versprochene Hilfsgelder der EU erst jetzt angekommen seien. „Für den Hohen Repräsentanten Paddy Ashdown hat die Rückkehr der Vertriebenen Priorität“, erklärte ein Pressesprecher. Man freue sich sehr, dass immerhin 500 Menschen direkt in die Gemeinde Srebrenica zurückgekehrt seien. Nun ginge es darum, den Menschen auch Arbeit zu beschaffen und den Kindern und Jugendlichen die Schulausbildung zu sichern.

Mit Geldern arabischer Hilfsorganisationen ist auf dem Platz, wo einstmals die „Weiße Moschee“ stand, eine neue Moschee entstanden. Am letzten Freitag schon eingeweiht, soll ihr Bau im August abgeschlossen sein.ERICH RATHFELDER