: Im Strudel des Wasserfalls
Bei der Bewag herrscht noch Unklarheit über die neue Rolle im künftigen Stromriesen Vattenfall Europe. Betriebsbedingte Kündigungen sollen aber bis 2007 ausbleiben
Die grüne Umweltpolitikerin Felicitas Kubala misst dem für heute angekündigten Zuschlag für die Bewag auch Bedeutung für die Position des Unternehmens im schwedischen Mutterkonzern Vattenfall zu. Gerade bei derkünftigen Zahl der Arbeitsplätze könne sich das auswirken, sagte Kubala der taz. Hintergrund sind weitgreifende Veränderungen auf dem deutschen Elektrizitätsmarkt.
Demnach werden die Bewag, die Hamburger Electrizitätswerke (HEW) sowie die ostdeutschen Unternehmen Veag und Laubag unter dem Dach eines neuen Stromriesen namens Vattenfall Europe zusammengefasst. Die Zentrale soll in Berlin sein. Das neue Konstrukt wäre der drittgrößte deutsche Stromkonzern hinter RWE (Essen) und E.on (Düsseldorf), vor der baden-württembergischen EnBW.
Im Herbst vergangenen Jahres hatte es noch nicht nach einer Beteiligung der Bewag ausgesehen. Vattenfall, zu deutsch „Wasserfall“, und der damalige zweite große, US-amerikanische Anteilseigner Mirant – früher Southern Energy – hatten sich nicht auf eine Einbindung ihrer Berliner Tochter in den neuen geplanten nordostdeutschen Stromverbund einigen können. Im Dezember aber gab Mirant überraschend seine Anteile ab. Seither gehört die Bewag zu rund 90 Prozent zu Vattenfall, das mehrheitlich in schwedischem Staatsbesitz ist und dort außer Wasserkraftanlagen auch Atomkraftwerke betreibt. Das Land Berlin hatte sich 1997 aus der Bewag zurückgezogen und seine verbleibenden Anteile an den Mirant-Vorläufer und die später in E.on aufgegangenen Unternehmen Viag und Veba verkauft. E.on wiederum gab seine Anteile später an die HEW ab, wodurch sie an den Vattenfall-Konzern gerieten.
Zu weiteren Konsequenzen des neuen Verbunds für Berlin verweist Bewag-Sprecher Siegfried Knopf auf die Vattenfall-Spitze. „Das wird nicht von uns gesteuert“, sagte er der taz. Dabei muss sich die Bewag nach seinen Worten nicht hinter den anderen Versorgern verstecken: „Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Bewag das wirtschaftlich stärkste Unternehmen in diesem Verbund ist.“
Vattenfall hat laut Knopf angekündigt, die derzeit rund 24.000 Arbeitsplätze bei Bewag, HEW, Veag und Laubag deutlich zu verringern. Wie stark der Jobabbau auf Berlin durchschlägt, soll noch nicht absehbar sein. Die Bewag war laut Knopf in eigenen Planungen von künftig knapp unter 4.000 Mitarbeitern ausgegangen. 1997 beschäftigte das Unternehmen noch 9.400 Mitarbeiter. Ende Juni dieses Jahres waren es 5.113. Unter dem Dach von Vattenfall Europe sollen betriebsbedingte Kündigungen nach Kenntnis von Bewag-Sprecher Knopf bis 2007 ausgeschlossen sein.
Für die Kunden wird sich die neue Struktur offenbar nicht auszahlen. Laut Siegfried Knopf ist auf dem Markt nicht von einem Preisrückgang auszugehen. „Die Tendenz wird eher sein: stagnierend bis leicht aufwärts gehend“, sagte er. Die Bewag hatte zuletzt im Januar die Preise bei den Privatkunden spürbar angezogen. STEFAN ALBERTI
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