wer fliegen will, muss auch arbeiten von RALF SOTSCHECK
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Irgendwie findet diese irische Billigfluglinie immer einen Weg, um noch mehr Geld zu sparen. Als ich neulich nach London-Luton wollte, strich Ryanair den Flug und legte ihn mit dem nächsten zusammen, weil beide Flüge nur zur Hälfte ausgelastet waren. Die offizielle Begründung war ein Maschinenschaden. Vier Stunden Wartezeit, aber zunächst musste man sich ein Stündchen anstellen, um das Ticket umschreiben zu lassen.

Vor mir standen drei Männer in der Schlange, die ihr Geld zurück haben wollten, aber genauso gut hätten sie versuchen können, Fruchtsaft aus einem Stein zu pressen. Selbst wenn man eine Verbindung aus zwei Ryanair-Flügen bucht und den zweiten aufgrund einer Verspätung des ersten verpasst, muss man ein neues Ticket kaufen.

Ob sie einen wichtigen Termin in London haben, fragte ich einen der drei. Er lehnte sich zu mir herüber und sprach im Flüsterton, als ob er mir gerade eröffnen würde, dass er zu einem Fortbildungskurs für ungewöhnliche Sexualpraktiken wollte. Aber er sagte: „Wir sind Anhänger des Fußballclubs Luton Town und wollten zum Heimspiel.“ Ich sah ihn so ungläubig an, dass er schnell hinzufügte: „Aber das bleibt unter uns. Wir tragen keine Klamotten in den Vereinsfarben, damit niemand etwas von unserer Perversion erfährt.“

Hatte Luton Town, dieser langweilige Vorortclub, überhaupt Vereinsfarben? Hatte er außer den drei verhinderten Fliegern noch andere Fans? Und wenn sich Iren schon ein englisches Team als Lieblingsclub aussuchen, warum dann ausgerechnet Luton Town? Das klingt ja wie eine Betriebsmannschaft der Flughafengepäckabfertiger.

Die aber gibt es nicht mehr lange, wenn es nach Ryanair geht. Bei einem Flug von London-Stansted nach Dublin vor zwei Wochen fragte der Pilot über Lautsprecher, nachdem die Passagiere Platz genommen hatten, ob sich ein paar Freiwillige melden würden, um das Gepäck ins Flugzeug zu laden. Die Passagiere lachten herzlich über die feine Selbstironie des Ryanair-Piloten, bis die Stewardess ihnen erklärte, dass die Frage ernst gemeint war. Die von Ryanair gemieteten Gepäckabfertiger hätten erst in zwei Stunden Zeit, und da könnte man doch schon zu Hause sein. Drei Männer meldeten sich, und so konnte man mit einer für Ryanair vernachlässigenswerten Verspätung von 50 Minuten losfliegen. Der Pilot schenkte den Männern ein Bier. Das wird man ihm vom Gehalt abziehen.

Für die Aktionäre lohnt sich Ryanairs Geiz. Der Profit der Fluglinie stieg in diesem Jahr um 44 Prozent auf 150,4 Millionen Euro. Und die Zahl der Fluggäste nimmt weiterhin zu. Vor fünf Jahren begrüßte man die millionste Passagierin an Bord. Zur Belohnung sollte sie lebenslänglich kostenlos mit Ryanair fliegen dürfen. Als sie buchen wollte, erklärte man ihr, dass damit ein Flug im Jahr gemeint sei, sofern die gewünschte Maschine nicht ausgebucht sei. Die erboste Frau zog vor Gericht und bekam Anfang des Jahres 67.500 Euro Schadenersatz zugesprochen. Mir schwant nichts Gutes, wenn ich mir vorstelle, wie Ryanair das Geld wieder hereinholen wird.