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ISRAEL: SCHLEICHEND WIRD DER STAAT DER RELIGION ANGEPASSTDer Glaube soll über der Gleichheit stehen

Die Regierung Ariel Scharons hat einen Gesetzentwurf gestrichen, der die Verwendung von Staatsland zur Errichtung jüdischer Ortschaften innerhalb des israelischen Kernlands vorsah. Das ist zu begrüßen. Indes ist der Schaden, den das Kabinett anrichtete, als es dem Vorhaben zunächst zustimmte, damit nicht wieder gutzumachen. Scharon reagierte auf seine sozialistischen Koalitionspartner, die damit drohten, gegen die Regierung zu stimmen, sollte der Gesetzentwurf vor das Parlament gebracht werden. Dann hätte er Außenminister Schimon Peres entlassen müssen.

Mehr als bedauerlich ist, dass sich der Regierungschef nicht schon vor der ersten Kabinettsentscheidung über diese absehbare Entwicklung bewusst war. Nicht nur macht der klar rassistische Gesetzentwurf das ohnehin in diesen Tagen problematische Miteinander von Juden und Arabern im Staat noch schwerer – er hat zudem ein Tabu aufgebrochen, das besser hätte bestehen bleiben sollen: Das System der Demokratie und der zumindest formal festgelegten Gleichberechtigung aller Bürger im Judenstaat ist diskutierbar geworden.

Noch lassen die Mehrheitsverhältnisse keine dramatischen Schritte in dem schleichenden Prozess zu, den Staat noch stärker der Religion anzupassen. So ist es allein der Kreativität von Justizminister Meir Schitrit zu verdanken, dass ein drohender Konflikt zwischen den sich verhärtenden Fronten weltlicher und religiöser Juden im Staat unterbunden werden konnte: Um den Frommen das Fasten am heiligen Jom Kippur zu erleichtern, wird die Sommerzeit nur für zwei Tage aufgehoben und nicht, wie es die orthodoxe Schass-Partei vorschlug, um drei Wochen verkürzt.

Keiner der weltlichen Parlamentarier wollte sich aber gegen ein neues, religiös motiviertes Gesetz stark machen, das den Verkauf von Pornofilmen per Satellitenfernsehen unterbindet. Das Verbot, auch von arabischen Abgeordneten getragen, demonstriert, in welche autoritäre Richtung sich der Staat bewegt, wenn er seinen Bürgern die individuelle Entscheidung nimmt, selbst entscheiden zu dürfen, was er kauft. SUSANNE KNAUL

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