Neue Machtprobe im Islamrat

Vorstand wehrt sich gegen Vorwürfe, seine Wahl sei undemokratisch gewesen. Wegen der Dominanz von „Milli Görüs“ denken einige Mitglieder über eine Neugründung nach

GÖTTINGEN taz ■ Im Islamrat, einem der größten Dachverbände in Deutschland lebender Muslime, steht eine Machtprobe an. Nach Angaben der in Potsdam erscheinenden Islamischen Zeitung hat das zuständige Kölner Amtsgericht die Eintragung der Vorstandswahlen des Verbands vom Januar 2002 abgelehnt.

Offenbar hatte das Islamratsmitglied Rüstem Ülker von der Nurci-Vereinigung Widerspruch gegen die Wahl eingelegt, weil die Wahl undemokratisch abgelaufen sein soll. Der im Januar gewählte Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya, verwahrte sich gegenüber der taz gegen diesen Vorwurf, bestätigte aber, dass das Amtsgericht Ülker eine sechswöchige Widerspruchsfrist eingeräumt hat. Nach Ablauf dieser Frist werde die Wahl dann eingetragen, so Kizilkaya.

Der Islamischen Zeitung gegenüber kündigte Ülker indes bereits eine Klage an, die feststellen soll, dass die Wahl formell unrechtmäßig gewesen sei. Sollte er Recht bekommen, wäre Kizilkayas Vorgänger Hasan Özdogan wieder im Amt. Unklar ist, ob dann Neuwahlen nötig wären.

Als „Unsinn“ bezeichnete Kizilkaya Vorwürfe, die Arbeit des Islamrats sei seit seiner Wahl faktisch zum Erliegen gekommen.

Abu Bakr Rieger, der Herausgeber der Islamischen Zeitung, war bis Januar ebenfalls Vorstandsmitglied im Islamrat. Er verzichtete auf eine erneute Kandidatur, bekäme seinen Sitz jedoch zurück, falls die Wahl annulliert würde. In einem Artikel der Islamischen Zeitung wird der Organisation Milli Görüs (IGMG), die den Islamrat dominiert, vorgeworfen, über die anderen Mitgliedsvereine hinwegzugehen. Angesichts eines möglicherweise langen Rechtsstreits, heißt es weiter, dächten einige Mitglieder, die nicht zur IGMG gehörten, über die Gründung eines neues Verbands nach. YAS